Nina – Auf der Rennstrecke gibt es wenig Leitplanken

Nina fährt Rennen und lernt bei KTM Motorradmechaniker
So sehen Sieger aus. Nina fährt Rennen und lernt bei KTM Motorradmechanikerin. Sie lebt einfach ihren Traum. Bild: Timon Suhk

Hallo, wie heißt du bitte? Nina
Und wie alt bis du? 21 Jahre
Was machst du beruflich? Ich bin Azubi als Motorradmechanikerin bei KTM in Mattighofen. Außerdem arbeite ich seit einigen Jahren mit ätherischen Ölen, die mich in meinem doch sehr chaotischen, aber spannenden Leben, unterstützen.
Und seit wann fährst du Motorrad? Ich fahre seit 2014 und mit 16 Jahren habe ich mit dem A1 Führerschein begonnen.

Wie und warum bist du zum Motorradfahren gekommen?

Zum Motorrad fahren kam ich durch meinen Papa. Zu Beginn waren es rein praktische Gründe. Ich wollte selbstständig zur Schule fahren, war aber noch zu jung für ein Auto und mein Papa hat mir verboten, Roller zu fahren. Die Begründung war, ich wäre dann eine „fahrende Verkehrsbehinderung“. Er hat selbst als Jugendlicher mit dem Motorrad fahren begonnen, aber als mein Bruder und ich klein waren, wieder damit aufgehört. 2014 kamen wir dann vom KTM Händler mit zwei Motorrädern zurück. Eins für Papa und eins für mich.

Nina auf der Supermoto-Rennstrecke.
Da kommt Nina. Motorradfahren ist ihr Leben.

Welches Motorrad fährst du? Warum hast du diese Maschine gewählt?

Aktuell fahre ich eine 2018er Husqvarna FC 350, die ich mir selbst zur Supermoto für die Rennstrecke umgebaut habe. Sie ist jetzt mein siebtes Motorrad und davon bereits die dritte ohne Straßenzulassung. Nachdem ich vor zweieinhalb Jahren durch Freunde auf die Supermoto-Strecke kam, hat mich das Fieber gepackt.

Die 350er ist für mich aktuell perfekt. Sie ist leicht und wendig, hat aber trotzdem fast 60 PS. Mit ihr lerne ich gerade, wie ich die Jungs auf der Rennstrecke ärgern kann.

Was bedeutet dir Motorradfahren heute?

Motorradfahren ist nahezu mein kompletter Lebensinhalt. Ich verbringe fast jedes Wochenende auf der Rennstrecke. Wenn kein Rennen ist, dann geht‘s zum Supermoto, Enduro oder MX-Training. Für mich gibt es keine „gemütliche Runde nach der Arbeit“ mehr, da mir die Landstraßen mittlerweile einfach zu gefährlich und ehrlich gesagt auch zu langweilig sind. Dafür dreht sich aber in meinem Job bei KTM auch alles um Motorräder.


Ich habe im Rahmen meiner Ausbildung im KTM-Werk jetzt 1,5 Jahre in und für die KTM Motohall Fahrzeuge restaurieren dürfen. Mein dortiger Chef bot mir an, diese 2017er KTM Moto3 Maschine aufzubauen. Es ist das Bike des jüngsten Moto3 Gewinners und wurde auch bei Rennen gefahren.
Ich arbeitete ca. drei Wochen in der Schauwerkstatt daran und die Besucher konnten mir bei der Arbeit zusehen. Nun verbleibt das vollständige Motorrad dort in der Motohall, sodass es zukünftige Besucher anschauen können.

Nina und die 2017er KTM Moto3 Maschine in der KTM Motohall.
Fertig! Nina und die 2017er KTM Moto3 Maschine in der Motohall.
Bild: KTM Motohall

Was bewunderst du an anderen Motorradfahrern/Fahrerinnen?

Am meisten bewundere ich den Mut bei anderen Fahrern. In jeder Kategorie des Motorsports gibt es so viele extrem gute Fahrer. Egal was man lernen möchte, seien es Wheelies, doch noch etwas später und stärker in die Kurve zu bremsen, oder einfach diesen blöden Sprung zu Ende zu springen – für all das braucht man eine Menge Mut. Da merke ich oft, dass mich der innere Angsthase doch noch ordentlich daran hindert, all das zu tun, was ich eigentlich so gerne möchte. Den Männern scheint das meist super leicht zu fallen – dann nehme ich mir ein Beispiel daran, beiße die Zähne zusammen und zieh es einfach durch!

Motocross Rennen Husquarna im Sprung
Den Sprung zu Ende bringen. Zähne zusammenbeißen und einfach durchziehen. So fährt Nina ihre Rennen.

Was war deine größte Herausforderung bisher? Wie hast du Sie gemeistert und wie hat das dein weiteres (Biker)Leben beeinflusst?

Die größte Herausforderung ist, dass ich für meinen Job 600km von meiner Familie entfernt in Österreich lebe und dort meine Wünsche und Träume verwirkliche. Es ist nicht einfach an einem Wochenende viele hundert Kilometer mit meinem Transporter zu fahren, dann alles im Training/Rennen zu geben, in den Pausen noch etwas zu essen und nebenbei alles am Bike zu reparieren, was so kaputt gegangen ist.

Wenn dann das Wochenende geschafft ist, geht es montags in der Früh in meinem Job wieder los. Natürlich habe ich Unterstützung durch Freunde und Familie, aber am Ende des Tages ist es doch ein Haufen Stress. All das beeinflusst mein Leben natürlich sehr!

Aktuell (Oktober 2019, Anm.d.Red.) habe ich einen gebrochenen Fuß (da war der Ehrgeiz im Rennen stärker als der Knochen) und die ein oder andere Blessur bleibt auch nicht aus. Vielleicht bin ich einfach ein bisschen verrückt, das alles so durchzuziehen. Aber das Fahren gibt mir einfach so viel zurück – Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, ich lerne mich selbst zu organisieren und unabhängig zu sein. Am wichtigsten ist jedoch – ich lebe meinen Traum!

Supermoto Rennstrecke Kurve und Fuß unten
Fuß unten – da kann er schon mal brechen. Aber noch lange kein Grund das Rennen abzubrechen.

Gab es schon Mal eine brenzlige Situation? Was war es und wie hast du reagiert?

Brenzlige Situationen erlebe ich ständig. Den ersten richtigen Rückschlag hatte ich zwei Monate nachdem ich 16 geworden bin. Bei Novemberwetter bin ich in einer Kurve weggerutscht und habe mir an der Leitplanke das Becken gebrochen. Das war natürlich hart, aber es kam mir nicht in den Sinn, mit dem Fahren aufzuhören. Mittlerweile sind solche Stürze oder brenzlige Situationen kein Problem mehr. Auf der Rennstrecke gibt es nicht so viele Leitplanken und man lernt mit rutschenden Reifen, Zusammenstößen und Stürzen im Allgemeinen umzugehen. Das klingt vielleicht merkwürdig, aber egal was passiert – man steht auf und fährt weiter.

Den Fuß habe ich mir damals, August 2019, ohne Sturz gebrochen. Ich bin mein Rennen auch fertig gefahren. Die größten Schmerzen kamen erst nach der Überquerung der Ziellinie. Beim Supermoto oder MX fahren viele ihre Rennen mit Bruch (wenn er nicht zu schlimm ist) fertig. Das klingt für Leute, die mit dem Sport nichts zu tun haben, vielleicht verrückt und leichtsinnig, wenn ich genauer drüber nachdenke für mich ehrlich gesagt auch, aber dennoch treibt mich da irgendwas im Inneren an. Ich möchte einfach wissen, zu was ich fähig bin und wie weit ich es noch bringen kann.

Am Start beim Supermoto Motorradrennen.
Nina im Stillstand. Ein ehr ungewöhnliches Bild aber das Rennen geht ja gleich los.

Was war dein schönstes Erlebnis?

Diese Frage ist extrem schwer zu beantworten. Es gibt nicht „ein schönstes Erlebnis“, sondern so viele.

Im Prinzip genieße ich jeden Moment, am Ende gibt alles eine coole Erinnerung. Mein erstes Rennen war z.B. eine totale Katastrophe, mein Motor wurde undicht und ich bin das ganze Rennen mit Öl am Hinterrad gefahren. Dabei habe ich mich bloß gewundert, warum es so rutscht. Im Nachhinein bin ich aber einfach glücklich – es war mein allererstes verdammtes Motorradrennen! Wie cool ist das denn? Hätte mir das jemand vor zehn Jahren erzählt, hätte ich ihn für verrückt erklärt.

Außerdem habe ich durchs Supermoto-Fahren so viele geniale Menschen kennen gelernt, entwickel immer mehr technisches Knowhow und bin einfach frei. All das lässt sich nicht an einer einzigen Erinnerung festmachen. Das ist das Ergebnis davon, dass ich einfach meinem Herzen folge und das mache, worauf ich Bock habe.

Supermoto Motorradrennen mit Schräglage in die Kurve
Nina – beim Supermoto immer vorn.

Wo oder welche (Supermoto) Strecke würdest du gern einmal fahren? Warum reizt dich das?

Es gibt so viele Strecken auf meiner Bucket-List. Dazu gehören einige internationale Supermoto-Strecken. Ich hätte aber auch Lust auf Rundstrecke. 2018 durfte ich mit 1000PS an den Pannoniaring. Die Erfahrung war echt der Wahnsinn, auf sowas hätte ich nochmal Lust. In den USA gibt es aber auch echt coole Motocrossstrecken, aber dafür muss ich noch viel trainieren. Eines Tages möchte ich dort trotzdem fahren.

Was mich auch reizt sind Enduroreisen in Ungarn, Andalusien o.ä. Ihr seht, ich habe noch so viel vor. Mal schauen was sich als nächstes ergibt. Mich reizt das alles, weil ich die Abwechslung und Abenteuer liebe und gerne neue Sachen ausprobiere.

Was würdest du dir selbst raten, wenn du jetzt mit dem Motorradfahren beginnen würdest? Drei Tipps aus Deiner persönlichen Erfahrung?

Mach erstmal ein gescheites Fahrtraining! Egal ob du auf der Rennstrecke oder auf der Straße fahren möchtest. Das A und O ist einfach, sich auf dem Motorrad sicher und wohl zu fühlen und einmal die eigenen Grenzen auszutesten. Dafür ist die Straße einfach nicht der richtige Ort und in der Fahrschule lernt man das auch nicht. Der Unfall 2014, mit der Leitplanke, wäre definitiv vermeidbar gewesen. Er hat mir aber, wenn ich jetzt darüber nachdenke, die Augen geöffnet.

Außerdem ist es wichtig, sein eigenes Ding durchzuziehen und sich von niemandem beeinflussen zu lassen. Es ist egal, ob der eine Kumpel mit zehn km/h mehr in die Kurve fährt und einen dann genervt anschaut – man sollte auf der Straße seine Komfortzone einfach nicht verlassen.

Und ganz wichtig: Folge deinem Herzen! Lass dich nicht von irgendwem vom Motorradfahren abhalten. Suche deine Maschine nicht nach irgendwelchen Trends aus und mache dir selbst beim Fahren keinen Druck. So wie es ist, ist alles okay. Hauptsache du hast Spaß dabei. Denn Motorradfahren ist für die Meisten von uns nur ein Hobby – und das sollte uns Freiheit geben, nicht Unsicherheit!

Nina mit Husquarna-Supermoto-Motorrad und Transporter.
Nina mit Motorrad und Transporter. Sie ist ein One-Woman-Supermoto-Racing-Team – inklusive Mechanikerin.

Warum sollte Frau Motorradfahren?

Die Frage gefällt mir ehrlich gesagt gar nicht. Sie suggeriert, dass es einen Unterschied macht, ob eine Frau oder ein Mann mit dem Motorradfahren beginnen möchte. Da gibt es aber schlichtweg keinen. Die Freiheit und der Spaß, die das Motorrad fahren bringt, sind bei jedem gleich!
Mädels, fahrt Motorrad! Wir können viel mehr coole Socken in der Community gebrauchen!

Ist da noch etwas, was du unseren Leserinnen gern mitteilen möchtest?

Macht einfach das, worauf ihr Lust habt. Seid spontan, macht verrückte Dinge, limitiert euch nicht selbst. Oder noch viel schlimmer, lasst euch nicht von anderen Leuten limitieren. Oft erwische ich mich selbst noch dabei, dass ich mir Gedanken mache, was andere Menschen wohl gerade über mich denken. Am Ende des Tages spielt das aber keine Rolle. Menschen kommen und gehen, du selbst bist aber immer da. Solange du selbst mit dir glücklich bist, wird auch alles andere funktionieren. Das klingt jetzt vielleicht nach sehr starken Worten, ich schaffe es auch nicht immer an dieser Einstellung 100% festzuhalten. Manchmal funktioniert es einfach nicht so, wie man es sich vorgestellt hat. Ich habe selbst genügend „Mimimi-Momente“.

Die Hauptsache ist aber, dass man sich dessen bewusst ist und den Fokus gezielt auf die positiven Momente legt. Keep on Riding Mädels!

Mehr von und über Nina findest du hier.

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