Hallo, wie heist du bitte? Iris
Und wie alt bist du? 26
Was ist dein Job? Ich schreibe gerade meine Doktorarbeit
Seit wann fährst du Motorrad?
Ein paar Tage nach meinem 24 Geburtstag war der Motorrad-Führerschein mein Geschenk an mich selbst. Außerdem hatte ich auch nur noch ein paar Monate Zeit, bis wir nach Indien geflogen sind, um ein Jahr durch Asien zu fahren.
Wie und warum bist du zum Motorradfahren gekommen?
Mein ganzes Leben lang fühlte ich immer eine unbändige Sehnsucht nach Abenteuer und Freiheit in mir. Motorradfahren war die Antwort auf eine Frage, die ich nie gestellt habe.
In dem Moment, als mein Freund und ich uns entschieden haben, durch die Welt zu reisen, war das Motorrad das perfekte Gefährt dafür.
Die perfekte Möglichkeit, immer dahin zu fahren, wohin wir gerade wollen, und die unglaubliche Welt um uns herum wirklich zu spüren.
Welches Motorrad fährst du?Warum hast du diese Maschine gewählt?
Hauptsächlich fahre ich eine BMW R 850 GS Baujahr 2000. Daneben habe ich noch eine alte Yamaha Virago 250 und eine Suzuki DRZ 400 E. Diese beiden Motorräder teile ich mir mit meinem Freund.
Dafür nehme ich manchmal seine Kawasaki Versys 650 und drehe damit eine Runde um den Block.
Ich wollte ein Motorrad, mit dem ich alles machen kann. Große Touren, kurvige Bergstraßen, schlammige Pisten oder einfach in den Sonnenuntergang fahren.
Meine alte BMW macht genau das! Dabei ist Sie robust genug um auch mal einen Schlag wegzustecken, elegant genug um mit mir durch enge Kurven zu schwingen und kräftig genug, um mich schnell aus Schwierigkeiten herauszuholen.
Was bedeutet dir Motorradfahren heute?
Motorradfahren bedeutet für mich den Wind in meinen Haaren zu spüren, die Welt an mir vorbeifliegen zu sehen und mir die Zeit zu gönnen, die ich für mich brauche um wieder mit mir ins Reine zu kommen.
In meinem Helm gibt es nur mich. Kein Mensch kann mich erreichen, kein Handy klingelt und es gibt auch keine Bildschirme, die mich von mir selbst ablenken.
Das ist mein Weg, meine Gedanken zusammen zu bekommen, den Stress abzubauen und mich nur auf mich zu konzentrieren und der Mensch zu sein, der ich sein will.
Für mich verbindet Motorradfahren die Welt da draußen mit meinem inneren Ich. So schaue ich dem Leben direkt in Augen. Ich stelle mich meinen Ängsten wenn ich durch ein besonders raues Gelände fahre und ich treiebe mich selbst immer noch ein bisschen weiter aus meiner Komfortzone heraus. Dabei freue ich mich wie ein Kind, wenn das Licht der Abendsonne durch den verwirbelten Staub von meinem Hinterrad tanzt.
Was bewunderst du an anderen Motorradfahrern?
Motorradfahrer oder Fußgänger, ich bewundere jeden Menschen, der sich seine Träume erfüllt. Für die einen ist es Motorradfahren, für die anderen Bio-Gemüse anzubauen oder einen erfüllenden Job zu finden. Es ist alles gut, solange es sich für dich richtig anfühlt.
Was war deine größte Herausforderung bisher?
Sich mit ganzen drei Monaten Fahrpraxis in den indischen Straßenverkehr zu stürzen, war definitiv eine Herausforderung für mich!
Ein neues Motorrad unter mir, reichlich Chaos um mich herum und Straßen, die nur aus Schlaglöchern bestanden haben meine gesamt Aufmerksamkeit gefordert. Nach wenigen Tagen war ich fertig mit der Welt. Niemanden wird es wundern, dass mir mein Motorrad ein paar Mal umgefallen ist. „Meistens“ lag das aber an dem kaputten Seitenständer …
Die intensivste Erfahrung hatte ich kurz nachdem wir unsere Motorräder gekauft haben. Wir wollten Sie auf einem Drei-Tages-Tripp testen, bevor wir uns damit in die Wildnis begeben würden.
Wir hatten es fast geschafft, als auf dem Rückweg der Monsun losbrach. Vor uns lagen 20km unfertige Straße, die von rotem Matsch und Felsbrocken bedeckt war. In mitten „tausender“ weiterer Fahrzeuge setzten wir unseren Trip fort.
Meins erstes Off-Road-Training wurde mit einem Mal sehr realistisch. Unglücklicherweise endete diese Realität mit einem anderen Motorrad, das in mich hinein krachte. Daraufhin verlor ich die Kontrolle und wäre beinahe von einer unfertigen Brücke gestürzt. Mein Vorderrad war schon in der Luft, über dem Abgrund und ich rutschte immer weiter. Nass bis auf die Knochen, durch und durch mit Schlamm bedeckt, stemmte ich mich mit ganzer Kraft gegen die Straße.
Innerhalb von Sekundenbruchteilen war mein Freund zur Stelle und zusammen bekamen wir das Motorrad wieder zurück auf die Straße. Ja, das hat uns einen gewaltigen Schrecken eingejagt! Und es hat mir gezeigt, dass ich definitiv an meinen Off-Road-Fähigkeiten arbeiten musste. Das tat ich dann auch für den Rest des Jahres.
Gab es schon Mal eine brenzlige Situation? Was war es und wie hast du reagiert?
Rückwirkend und mit dem gewissen Abstand betrachtet, ist die Geschichte eigentlich ganz lustig. Aber in der Situation, war es nur gruselig!
Als wir in Laos unterwegs waren, schlug uns das Navi eine Abkürzung vor. Da wir große Fans von den abgelegenen und einsamen Straßen sind, dachten wir uns nichts dabei folgten der neuen Route.
Wir fuhren durch Flüsse und über Hängebrücken, wir kamen durch abgelegene Dörfer und mit jedem Kilometer wurde auch noch die Straße schlechter. Irgendwo mitten im Dschungel gab es dann eine extrem steile Steigung, die komplett mit Felsbrocken in allen möglichen Größen bedeckt war. Da wir leichte 125er Motorräder von Honda und Yamaha dabei hatten, waren wir zuversichtlich und fuhren forsch voran.
Allerdings war die Strecke weniger für uns ein Problem, als für unsere Motorräder. Bevor wir oben angekommen waren, brach die Yamaha zusammen. Da stand Sie nun und bewegte sich kein Stück mehr.
Da unsere Mechanikertalente nicht ausreichten das Motorrad wieder flott zu machen, haben wir uns auf andere Talente besonnen: Das Abschleppen. OK, das hatten wir bis dahin unter solchen Umständen aber auch noch nicht gemacht. Und so hatten wir jetzt die Gelegenheit, das Motorrad-Abschleppen allein im Dschungel, auf einer Sandpiste mit Felsbrocken zu üben.
Ich fuhr die Honda und langsam bewegte sich das Gespann vorwärts bzw. zurück auf die richtige Straße. Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir ein Dorf und fanden den örtlichen Motorradmechaniker vor seiner Werkstatt sitzend. Ein brummeliger alter Mann, der uns zuerst auch nicht helfen wollte. Schließlich holte er doch sein Werkzeug hervor und schaute sich unsere Problem-Yamaha an.
Er meinte, das Problem wäre das Getriebe und schlug mit dem Hammer ein paar Mal kräftig zu. Danach verkündete er stolz, dass er es repariert habe. Irgendwie hatte er es schon repariert. Zumindest sprang das Motorrad wieder an aber abgesehen davon, funktionierten jetzt die meisten Gänge nicht mehr.
Weiter reparieren wollte er aber nicht und ohne mit der Wimper zu zucken, verlangte er für seine bisherigen Dienste umgerechnet fünf Dollar.
Nach mehr als sechs Monaten Asien und detaillierten Kenntnissen der lokalen Preisgestaltung brachen wir nur noch in schallendes Gelächter aus. Absoluter Fantasiepreis für das nicht-reparieren. Als wir dann anfingen um den Preis zu feilschen, zog er einfach den Schlüssel ab und steckte ihn ein.
Stocksauer schoben wir die Yamaha zurück zu unserem Apartment, wo wir einen Ersatzschlüssel hatten und gingen erst mal Essen. Danach kamen wir nochmal zurück und haben für unseren Schlüssel einen angemessenen Preis geboten. Der unfreundliche laotische Motorradmechaniker war aber mit der Summe immer noch nicht einverstanden. Allerdings entdeckte ich auf seiner Werkbank unseren Motorradschlüssel und steckte ihn schnell ein.
Jetzt versuchte dann seine Frau, die auch in der Werkstatt war, mich mit einer großen Zange zu schlagen. Ich wich aus und konnte ihr zwar die Zange abnehmen, aber dann holte er seine Machete hervor und bedrohte uns damit. Wir haben ihm unser Geld vor die Füße geworfen und rannten nur noch weg.
Lesson learnt: In manchen Ländern klaut dir nicht nur die Polizei den Schlüssel, auch Mechaniker beherrschen diesen (Verhandlungs)Trick. Also, sobald du anhältst, zieh den Schlüssel ab und verstaue ihn so tief wie möglich in deiner Tasche!
Was war dein schönstes Erlebnis?
Da gibt es so viele aber zwei sind mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Das erste Mal offroad fahren in Indien und der Road-Trip durch Laos.
In Indien hatten unsere Motorräder noch die Straßenbereifung drauf und dafür auch keinerlei Off-Road-Extras, aber sie haben uns durch unsere ersten richtig dreckigen Gelände-Strecken und durch unsere ersten Flüsse gebracht. Leider mussten wir danach viel Off-Road fahren, weil die Straße, die wir nehmen wollten, noch gar nicht fertig war.
Unsere Erkenntnis: Unbefestigte Pisten scheinen uns zu liegen.
Ja, ich habe unsere Trinkwasservorräte und beinahe auch unser gesamtes Gepäck verloren aber die Tour hat einen riesen Spaß gemacht!
Wo oder welche Strecke würdest du gern einmal fahren? Warum reizt dich das?
Unsere nächste Reise führt uns einmal um die Welt. Die Fahrt durch die Mongolei und der russische Highway R 504 „The road of bones“ werden dabei garantiert Highlights der Tour sein.
Es ist diese Unzugänglichkeit, die einsame Weite und die Herausforderung einer unberührten Wildnis, die mich magisch anzieht.
Wir werden uns früher als später wieder auf den Weg machen und unseren täglichen Luxus zurücklassen. Dafür bekommen wir unendlich viel Zeit, Glück und Zufriedenheit.
Was würdest du dir selbst raten, wenn du jetzt mit dem Motorradfahren beginnen würdest?
Viele Leute haben gesagt, dass ich mich beim Motorradfahren umbringen werde …
Manche sagten, eine BMW ist kein Motorrad für eine Frau …
Einige meinten, dass eine Motorradtour durch Asien viel zu gefährlich sei …
Aber was mir keiner gesagt hat war, wieviel Spaß das alles machen würde. Niemand erzählte mir von der unvergleichliche Freiheit und dem inneren Frieden, den ich finden würde.
Wenn du dir nicht sicher bist, ob dir motorradfahren Spaß macht, mach’s einfach. Du kannst jederzeit aufhören aber du wirst es nie wissen, wenn du es nicht ausprobiert hast.
Drei Tipps aus deiner persönlichen Erfahrung?
- Höre nicht auf jeden „gut gemeinten“ Ratschlag.
- Fahre immer deine Wohlfühlgeschwindigkeit
- Und wenn du mal hinfällst bedeutet das nur, dass du lernst!
Warum sollte Frau Motorradfahren?
Für mich hat Motorradfahren nichts mit dem Geschlecht zu tun. Es geht darum, das zu tun was man liebt und die Menschen um dich herum, daran teilhaben zu lassen.
In der Welt der Motorräder gibt es immer noch sehr „bunte“ Stereotypen. Glücklicherweise halten die dich aber nicht davon ab, deinen Traum zu leben.
Und jetzt mal ehrlich, was gibt es schöneres als eine Frau, die Motorrad fährt?
Ist da noch etwas, das du den Leserinnen mitteilen möchtest?
Das Leben ist ein einziges riesiges Abenteuer und die Welt da draußen will entdeckt werden. Und auch wenn es uns nicht gefällt, die Welt wie wir sie sehen, ist eine Spiegelbild von uns selbst, unserem kulturellen Hintergrund und unserer Erziehung.
Reisen kickt dich aus deiner Komfortzone und lässt dich vieles hinterfragen – deine Gedanken und deine Erkenntnisse. Neue Erlebnisse fühlen sich merkwürdig an und sind unbequem aber bevor du es sicher weist, fühlst du dich schon zuhause.
Lebe deinen Traum, weil es kein anderer für dich tun kann.
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