Himare, Albanien. Nach der kürzeren Strecke gestern erwartete die Fahrer:innen am fünften Tag der BMW Motorrad International GS Trophy 2022 das genaue Gegenteil. Berge und Meer. Heute ging es für sie über 200 km westwärts zurück an die Adria bis zu einem Strandcamp in der Nähe von Himare.
Da das Pindus-Gebirge eine große physische Barriere darstellt, war dies natürlich nicht so einfach. Es musste zunächst einmal eine Lücke im Gebirge gefunden werden. Um die Küste zu erreichen, war es letzten Endes nötig, eine Strecke zu wählen, die über kurvenreiche Asphaltstraßen, durch Schluchten und über Hochgebirgspfade führte.
SENA Motoball
Auf dem Weg dorthin mussten sich die GS Teilnehmer:innen wieder verschiedenen Challenges stellen. Die erste erwartete sie mit dem SENA Motoball Trial bereits 20 Minuten nach dem Start: Dabei hatten sie einen technisch anspruchsvollen Trial-Abschnitt zu absolvieren, an dessen Ende ein Fußball auf ein Tor zu schießen war. Der Haken war aber, dass sie den Ball nicht mit ihren Stiefeln, sondern mit dem Hinterrad ihrer BMW R 1250 GS treffen mussten – was ein hervorragender Geschicklichkeitstest war. Und wie bei jedem Pokalfinale hing für einige von ihnen sehr viel von einem guten Ergebnis ab. Die Nerven lagen also blank.
Zurück auf der Tagesstrecke galt es, den Berg Nemercke im Pindus-Gebirge zu überwinden – ein über 2000 Meter hohes Bergmassiv, das sich jedem Versuch eines Reisenden, nach Westen zu gelangen, entschieden widersetzt. Die Strecke führte schließlich auf den Trails an den niedriger gelegenen Hängen dieser Giganten hinauf. Mehrfach erforderte die Überquerung der Hänge beherzte Bergauffahrten und vorsichtige Abstiege. Unermüdlich erkundeten die Fahrer:innen, ob sich nicht doch ein Weg durch die Berge finden ließ. Doch erst nahe Dragot, wo sich der Vjose – einer der größten Flüsse Albaniens – durch die Berge schlängelt, konnten sie Kurs Richtung Westen nehmen.
Wo eine GS ist, ist auch ein Weg!
Nachdem ein Gebirgszug weniger bezwungen als umfahren worden war, stand den GS-Fahrer:innen eine noch größere Herausforderung bevor. Erst vor Kurzem wurde die Bence-Schlucht durch eine neue Straße erschlossen, die sich kühn an die Südhänge schmiegt und in einer nicht enden wollenden Folge von Haarnadelkurven an Höhe gewinnt. Die andere Seite der Schlucht, auf der sich eine beeindruckende, 2000 Meter hohe Steilwand befindet, kann wahrscheinlich kein Mensch bezwingen. Die geologische Schauspiel war einfach atemberaubend.
Erstaunlicherweise ging es, nachdem der höchste Punkt des Anstiegs erreicht war, nicht sofort wieder abwärts. Stattdessen gelangte man auf eine tiefgrüne Hochebene, auf der sich Dörfer angesiedelt hatten und Gräser und Getreide wuchsen. Eine willkommene Überraschung und ein entspanntes Fahren. Am höchsten Punkt der Straße trafen die GS-Fahrer:innen auf ein altes, mit einem roten Stern verziertes Betonmonument, ein Relikt aus der kommunistischen Vergangenheit Albaniens.
Da es noch immer noch keine direkte Straße zur Adriaküste gab, nahmen sich die GS-Fahrer:innen erneut die Bergtrails vor. Diese waren wie immer beeindruckend – und anstrengend. Berge und Meer muss man sich verdienen, auch in Albanien. Steine prasselten gegen das Fahrwerk der BMW R 1250 GS und Streckenabschnitte mit losen Steinen sorgten dafür, dass einige Abfahrten Technik und Nerven auf eine harte Probe stellten. Inzwischen haben sich viele der GS-Fahrer:innen diverse Blasen an Händen und Fingern zugezogen, die schmerzhaft und störend sind und die ohnehin zunehmende Erschöpfung nur noch verstärken.
Berge und Meer
Es war eine große Freude, die Fahrt in einem Strandresort südlich von Himare beenden zu können. Hier schlugen die Teilnehmer:innen ihre Zelte direkt am Strand auf, nur wenige Meter vom Wasser entfernt, und badeten natürlich wenige Minuten später schon im Meer!
Das war auch gut so, denn die zweite Sonderprüfung wartete bereits auf sie. Der „SUP Water Showdown“ war definitiv die Art von spielerischer, lustiger Herausforderung, die die Fahrer:innen nach dem harten Tag auf den Trails brauchten. Müde oder nicht, stürzten sie sich für diesen Test ins Meer. Nach einem Strandrennen schwammen sie auf Paddelbrettern – mit sicher verstautem BMW Tankrucksack – ins Meer hinaus, umkreisten eine Boje und kehrten danach wieder zurück. Ein bisschen Spaß, und angesichts der hohen Temperaturen eine tolle Abkühlung.
Deutsches Damenteam weiter auf Platz 1 der GS Trophy 2022
In der Teamwertung der Männer hat Team Südafrika nicht nur den Rückstand auf das führende Team Vereinigtes Königreich aufgeholt, sondern mit ihm gleichgezogen. Punktgleich liegen die beiden Teams auf Platz eins. Da die Teams Deutschland, USA und China 2020 noch in Schlagdistanz sind, können wir uns an den kommenden Tagen auf einen echten Showdown gefasst machen. Das Gewinnerteam war heute tatsächlich Team USA, das beide Sonderprüfungen dominierte! Bei den Frauen setzte sich heute Team Mexiko durch, während Team Deutschland sein bisher schlechtestes Tagesergebnis erzielte, vor den letzten Prüfungen aber immer noch in Führung liegt. Berge und Meer liegen eben nicht jeder Motorradfahrerin.
Morgen, am vorletzten Tag der BMW Motorrad International GS Trophy 2022, werden die Fahrer:innen zum Basislager in Kavaje zurückkehren. Die Strecke wird 250 km lang sein, davon 150 km im Gelände. Eine Bergabfahrt wird es allerdings nicht mehr geben. Die GS-Fahrer:innen werden also sicher erneut Kondition und Ausdauer unter Beweis stellen müssen.
Albanien Tag 5, Gesamtwertung:
Frauenteams:
- Deutschland 212
- Mexiko 197
- Südafrika 192
- Frankreich 175
- Lateinamerika 168
- Brasilien 119
Männerteams:
- Vereinigtes Königreich 149 Punkte
- Südafrika 149
- Deutschland 138
- USA 127
- China 2020 125
- Thailand 116
- Südkorea 109
- Niederlande 102
- China 2022 88
- = Indien 87
- = Frankreich 87
- Brasilien 85
- Lateinamerika 76
- Mexiko 75
- Japan 65
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