Rowi – Schatz, leck mir doch die Füße. Ich mache jetzt den Schein!

Rowi auf Motorradtour in die Dolomiten
Rowi ist mit dem Motorrad gern und viel unterwegs, auch in den Dolomiten.

Hallo, wie heißt du bitte? Rowena oder Rowi
Und wie alt bist du? 33
Was ist dein Job? Ich bin Texterin und Redakteurin für Unternehmen in der Motorradbranche und schreibe Webtexte, Reise- und Rennberichte oder übernehme die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Events oder Social Media.
Seit wann fährst du Motorrad? Seit 2014

Wie und warum bist du zum Motorradfahren gekommen?

Tatsächlich war der finale Auslöser ein dummer Satz, der im Nachhinein auch mein Leben in eine ganz neue Richtung gesteuert hat: „Schatz, mit dir als Sozia hintendrauf kann ich mit den Jungs nicht so gut mitziehen. Lass uns lieber was anderes am Wochenende machen, ok?“ Das war die Antwort meines Ex-Freundes als ich ihn fragte, ob wir am Wochenende wieder eine Tour fahren. Diese Antwort war für mich damals wie ein Schlag ins Gesicht. Nicht nur, weil er mir damit das Gefühl gab, ein Störfaktor auf den Touren mit unseren Freunden zu sein. Sondern auch, weil wir damals mit dem Motorrad meines Papas unterwegs waren, der ein Jahr zuvor verstorben war und das Fahren auf dieser Maschine für mich als Sozia natürlich ganz emotional und bedeutend war. Und so kam ich zu meiner Entscheidung und dachte: „Schatz, leck mir doch die Füße. Ich mache jetzt den Schein, fahre in Zukunft die Maschine meines Vaters weiter und du kannst zusehen, wie und wo du an ein eigenes Motorrad kommst“. Wir waren zuvor nur zweimal mit dem Motorrad unterwegs gewesen, aber diese Touren hatten mir so viel gegeben, sodass ich wusste: Davon will ich mehr!

Welches Motorrad fährst du? Warum hast du diese Maschine gewählt?

Bis heute fahre ich das Motorrad meines verstorbenen Papas, eine BMW F800S, Baujahr 2008. Letztes Jahr kam mit der KTM LC4 690 Supermoto Prestige, Baujahr 2004, noch ein weiteres Motorrad bei mir in den Stall. Ein absolutes Spaßmotorrad, an und mit dem ich mich einfach mal austesten möchte und bei dem es mir auch nicht so weh tut, wenn sie mal den ein oder anderen Kratzer abbekommt. Anderes Fahrverhalten, anderer Fahrstil, wenig Gewicht und kein ABS – da gibt es einiges Neues zu erlernen.
Die BMW meines Papas zu fahren, hat für mich natürlich eine ganz besondere Bedeutung. Ich fühle mich ihm dann immer ein bisschen näher, wenn ich mit ihr unterwegs bin. Leider habe ich das Motorradfahren erst nach seinem Tod für mich entdeckt, sodass wir nie zusammen gefahren sind. Aber ich habe das leise Gefühl, dass er auch heute noch ein Auge auf seine Tochter hat – besonders während so manch einer Tour.

Rowi's rote BMW F 800 S. Das Bike von Ihrem Vater fährt sie bis zum Schluss.
Rowi auf dem Bike von ihrem Vater. Das Motorrad fährt Sie bis zum Schluss!

Was bedeutet dir Motorradfahren heute?

Motorradfahren und die ganze Szene drumherum ist das, wo ich hingehöre. Ich habe das Gefühl, hier meinen Platz im Leben und in der Welt gefunden zu haben. Das klingt nun ein bisschen wie ein typischer Satz in einer Schmonzette. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich jedes Jahr rund 10.000 km Motorrad fahre, ich viele Freunde durchs Motorradfahren gefunden habe und ich privat sowie mittlerweile auch beruflich in der Motorradszene aktiv bin, ist es einfach so. Würde auf einmal alles in meinem Leben gelöscht werden, was mit Motorradfahren zu tun hat, wären bei mir etwa zwei Drittel von der Festplatte weg.

Was bewunderst du an anderen MotorradfahrerInnen?

Ich bewundere vor allem all die, die Ahnung von der Motorradtechnik haben und selbst Dinge an ihrem Motorrad verändern oder reparieren können ohne auf Fremdhilfe angewiesen zu sein. Und jene, die ihre Motorräder spielerisch bewegen können – sei es auf dem Vorder- oder Hinterrad, auf der Rennstrecke oder im Gelände.

Motorradfahren in style. Motorradhelm auf dem Kopf und Visier oben.
Travel with style. Ein verspiegeltes Visier gehört eben dazu.

Was war deine größte Herausforderung bisher?

Mein Motorradurlaub in Kärnten. Es war meine erste große Tour, ich hatte gerade ein Jahr meinen Führerschein und drei Wochen zuvor meinen ersten selbstverschuldeten Sturz auf der Straße. Im Nachhinein glücklicherweise, denn so unbekümmert wie ich zu der Zeit gefahren bin, wäre er sehr wahrscheinlich dann irgendwo in Kärnten passiert. Ich fuhr also mit einer leichten Hüftprellung und einer noch schmerzenden Kupplungshand und acht wesentlich erfahreneren Mopedherren nach Österreich, war nach dem Sturz noch nicht einmal wieder gefahren und dementsprechend noch verunsichert. Und dann lernte ich auf einmal kennen, was Pässe und richtige Kurven sind. Heidewitzka, ich habe jeden Abend drei Kreuze gemacht, heile wieder im Hotel angekommen zu sein …

Passtraßen fahren in Italien.
Mittlerweile liebt Rowi die Passtraßen.

Wie hast du sie gemeistert und wie hat das dein weiteres (Biker-)Leben beeinflusst?

Ich bin einfach mitgefahren. An zweiter Position mit zusammengekniffenen Backen. Auch wenn alle auf mich Rücksicht genommen haben, wollte ich damals nicht der „Störfaktor“ sein, der die ganze Truppe aufhält. Das nervt auf Dauer nämlich, das weiß ich selbst. Ich habe daher alle Tipps versucht anzunehmen, habe sie versucht umzusetzen und mich aufs Fahren konzentriert. Das ein oder andere Mal bin ich auch an meine Grenzen gestoßen, die nach dem Sturz natürlich niedriger waren als zuvor. Aber genau das war gut, um wieder mehr Selbstvertrauen in meine Fahrfähigkeiten und die Fahrphysik zu erlangen. Zudem hat es damals meine Grenzlatte stückweise wieder höher gesetzt. Danach habe ich noch an einem Kurventraining am Harzring teilgenommen und ich war wieder angstfrei.

Gab es schon mal eine brenzlige Situation?

Ja, so einige. Mit Autos, Fahrradfahrern, Lkws, Bäumen, Kurven, Tieren, Öl auf der Straße und wahrscheinlich noch einiges andere. Aber ich vergesse solche Situationen recht schnell wieder, um mich nicht unnötig daran aufzuhängen oder sie um Hinterkopf zu behalten. Denn das führt nur dazu, dass man nicht frei fahren kann. Was passiert ist, ist passiert, daran lässt sich nichts mehr rütteln. Ich denke jeder Motorradfahrer hatte das ein oder andere Mal eine große Portion Glück mit Konfetti.

Motorradurlaub in Kärnten
Rowis erster Motorradurlaub. Kärnten 2015. Die Motorrad-Klamotte leuchtet und Rowi strahlt.

Wie hast du reagiert?

Das einzige, was ich nach solchen Situationen im Nachhinein tue, ist, mich zu fragen, wie es dazu gekommen ist und was ich hätte besser machen können. Selbst dann, wenn der andere Verkehrsteilnehmer die Gefahr verschuldet hat. Hätte ich mehr auf mich aufmerksam machen können? Noch bremsbereiter gewesen sein oder damit rechnen können, dass er mich beispielsweise nicht sieht? Meistens sind die Fragen recht schnell und noch während der Fahrt beantwortet, sodass ich das Learning daraus für mich verinnerliche, nicht aber die Situation.

Was war dein schönstes Erlebnis?

Gar nicht so leicht zu beantworten, weil ich schon so viele schönes Erlebnisse durchs Motorradfahren hatte. Was mir jetzt aber als erstes in den Kopf geschossen ist, ist eine Tour in Portugal. Ich war dort beruflich mit dem Motorrad unterwegs, um einen Reisebericht für einen Motorradreisen-Veranstalter zu schreiben. Wir sind dort durch das Gebirgsland der Serra de Alcaria do Cume gefahren, was nicht nur wunderschön ist, sondern wo sich auch über 100 km eine kleine Kurve an die andere reihte. Noch während wir dort unterwegs waren, kamen mir unterm Helm die Tränen vor lauter Glücksgefühlen. Ich wollte in diesem Moment nirgends anders sein als dort und war im gleichen Moment so erfüllt und dankbar.

Motorradfahren Rowi auf Motorradtour durch Portugal.
Auf Motorradtour durch Portugal. So schön kann das Leben sein.

Wo oder welche Strecke würdest du gern einmal fahren?

Ich würde gerne einmal mit dem Motorrad durch ganz Europa reisen und dabei jedes einzelne der 47 Länder besuchen. Oder auch durch den Westen der USA. Dieser Wunsch ist noch recht frisch und ist durch einen Reisevortrag von Dirk Schäfer entstanden.

Warum reizt dich das?

Auf dem Motorrad zu reisen, ist für mich die schönste Reiseart. Du bist flexibel, ortsunabhängig, siehst Ecken und Orte der Welt, die du sonst nicht ansteuern würdest und egal in welchem Land du bist, du fühlst dich zumindest auf deinem Motorrad heimisch.

Was würdest du dir selbst raten, wenn du jetzt mit dem Motorradfahren beginnen würdest?

Mach alles genau so wieder.

Drei Tipps aus deiner persönlichen Erfahrung?

  1. Nimm direkt nach dem Erhalt deines Führerscheines an einem Fahr- und Sicherheitstraining teil.
  2. Schließe dich einer Gruppe von erfahrenen Motorradfahrern an, nimm jeden Tipp dankend an und lerne von ihnen.
  3. Fahr wirklich nur, wenn du auch Spaß am Fahren hast und probiere dich auf dem Bike aus: Hampel darauf rum, bewege dich und stell dich abseits der Straße deinen Unsicherheiten und Grenzen. Je mehr du sie beherrscht, desto weniger gerätst du in Gefahrensituationen.
Motorradfahren Burn-Out mit der KTM im Sonnenuntergang.
Rowi beim rumprobieren. Burn-Out mit der KTM im Sonnenuntergang. Idylle pur.

Warum sollte Frau Motorradfahren?

Weil Motorradfahren ein guter Weg ist, sich mit den Themen Verkehr, Technik und Ängsten zu beschäftigen. Meiner Meinung gehören u.a. diese drei Themen, zu denen, denen dich Frauen am wenigsten stellen.

Allerdings habe ich auch einen entscheidenden Grund, weshalb Frau NICHT Motorradfahren sollte, und da greife ich jetzt auf persönliche Beobachtungen zurück:
Frau sollte nicht Motorradfahren, wenn sie nicht wegen des Motorradfahrens an sich fährt. Soll heißen:

  • Wenn Frau Motorrad fährt, um anderen damit insgeheim imponieren zu wollen, sofort absteigen.
  • Wenn Frau Motorrad fährt, nur in der Hoffnung damit mehr Zeit mit dem Partner/ Ehemann verbringen zu können, sollte ein anderes Hobby dafür gesucht werden.
  • Wenn Frau ängstliche Gedanken oder Unsicherheiten beim Fahren hat, sollte sie sich mit diesen aktiv auseinandersetzen, um ein sicherer und unbedenklicher Verkehrsteilnehmer zu werden. Klappt dies nicht, dann lieber als Sozia oder gar nicht weiterfahren.

    Warum ich so denke? Weil Motorradfahren auf der Straße letztendlich doch zu riskant ist, um es aus den falschen Gründen zu tun. Unsichere und unumsichtige Verkehrsteilnehmer gibt es bereits genug, die für Motorradfahrer täglich eine Gefahr darstellen. Da braucht es nicht noch zusätzliche Gefahrenträger wie halbherzige Motorradfahrer. Weswegen es die Pflicht eines jeden Motorradfahrers sein sollte, zu lernen das Motorrad zu beherrschen und die eigenen Fahrfähigkeiten stets zu verbessern, um zumindest Fahrfehler im Straßenverkehr so gering wie möglich zu halten (schließlich müssen wir schon ausreichend mit den Fehlern der anderen rechnen).

    Um Verbesserungen, die Zeit und auch mal Anstrengungen kosten, bemüht sich jedoch niemand, der am reinen Fahren wenig bis keine Freude hat.

Rowi findest Du hier auf Instagram

2 Kommentare

  1. Ich bin nur zufällig auf dieser Seite gelandet. Die Berichte der Mädels, von denen ich altersbedingt der Vater sein könnte, sind alle lesenswert. Hier muß ich jedoch meinen Senf dazu geben. Liebe Rowena, Du läßt Dich bitte nie mehr mit so einem Typ von A….loch ein, der Dich zum Moppedfahren brachte.
    Und immer d´rauf sitzen bleiben.
    Volker Bühler

1 Trackback / Pingback

  1. Leser-Highlights 2019: Top 10 Motorrad-Geschichten von Frau zu Frau

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