Sophie – Ein Motorrad ist ein Nutzgegenstand

SHE is a RIDER - Sophie - Adventurist
Das ist Sophie und sie bereitet sich auf ihren RTW-Trip vor. Bild: Adventurist

Hallo, wie hießt du bitte? Sophie
Und wie alt bist du? 22
Was ist dein Job? Ich bin Freelance Fotografin.
Wie lange fährst du schon Motorrad? Mit 19 habe ich den A2 Führerschein gemacht, aber erst mit 20 hat es für ein eigenes Motorrad gereicht.

Wie und warum bist du zum Motorradfahren gekommen?

Meine ganze Familie ist oder war auf dem Zweirad unterwegs, daher war Motorradfahren schon immer irgendwie ein Thema. Zu meinem 18. hat mir mein Vater dann den A2-Führerschein geschenkt. Mein Abitur stand zu dem Zeitpunkt vor der Tür, also konnte ich erst ein Jahr später am Gashahn drehen.

Royal Enfield Himalayan
Sophie auf ihrer Royal Enfield Himalayan. Bild: Adventurist

Welches Motorrad fährst du?Warum hast du diese Maschine gewählt?

Zurzeit fahre ich eine Royal Enfield Himalayan. Die Entscheidung dazu hat mich lange Zeit gekostet.
Als ich mit dem Motorradfahren begonnen habe, war für mich der wichtigste Faktor die Sitzhöhe: Komme ich mit beiden Füßen sicher auf den Boden? Also wurde es ein Cruiser, die Kawasaki Vulcan S. Nach einer Tour durch die Alpen wurde mir aber klar, dass das Gewicht des Bikes für mich dann doch eine viel wichtigere Rolle spielt und mit knapp 220 kg gehörte mein Bike nicht gerade zu den Top 10 der Leichtgewichte. Außerdem wollte ich auch mal abseits der Piste unterwegs sein und nach reifer Überlegung und reichlich hin und her, wurde es die Himalayan – nicht zu teuer und kaum Elektrik: das perfekte Weltreisemotorrad.

Was bedeutet dir Motorradfahren heute?

Reisen ohne Scheibe zwischen mir und der Welt. Man kann alles riechen, alles hören und ist an allem viel näher dran – einfach mittendrin. Ein Auto könnte das nie ersetzen.

Motorrad am See in Norwegen
Egal wo Sophie hinwill, die Royal Enfield bringt sie dahin! Bild: Adventurist

Was bewunderst du an anderen Motorradfahrern?

Dass sie diesem Hobby überhaupt nachgehen. Denn ganz ehrlich: Das ist wirklich eines der gefährlichsten Hobbies der Welt, meiner Meinung nach. In meinem Umkreis gibt es zwei Leute, die einen Vertrauten aufgrund eines Motorradunfalls verloren haben. Mir rutscht so oft das Herz in die Hose, wenn ein Auto zu schnell auf die Kreuzung zufährt oder ich an einem Linksabbieger der gegenüberliegenden Spur vorbeifahre. Respekt!

Was war deine größte Herausforderung bisher?

Hat man unsere Videos gesehen, könnte man den Eindruck gewinnen, die kaputte Batterie in Norwegens Pampa war bisher mein größtes Problem. Doch während des zweiten Tages unserer Alpentour 2019 stieß ich in der Schweiz fast mit einer unaufmerksamen Autofahrerin zusammen: ein zweispuriger Kreisel, Feierabendverkehr, Auto an Auto. Sie fuhr in den Kreisverkehr und schob sich gleich auf die innere Spur, auf der aber nun meine Wenigkeit unterwegs war. Ich legte eine Vollbremsung ein und wie wir alle wissen: Bremsen in Schräglage ist keine gute Sache. Da lag ich dann also. Die Autofahrerin hat wahrscheinlich nichts davon mitbekommen und war schon weg, als mein Partner Luke seine zweite Runde im Kreisel hinter mir beendete. Ich kam mir unheimlich klein und auch dumm vor. Allein konnte ich die Vulcan nicht hochheben … Der Schock saß tief in mir und ich habe gezittert und so dauerte es eine ganze Weile, bis der Kreisel wieder frei war. Himmel, war ich gestresst!

Aber: Die Schweizer hatten echt alle Ruhe weg. Keiner hupte und jedes dritte Auto hielt an, um zu fragen, ob alles okay sei und ob wir denn Hilfe bräuchten. Das werde ich nie vergessen.

Norwegen Motorradtour und leichtes Gepäck
Sophie, immer mit leichtem Gepäck unterwegs. Bild: Adventurist

Gab es schon Mal eine brenzlige Situation? Was war es und wie hast du reagiert?

Auch hier könnte ich die Story aus dem Schweizer Kreisverkehr erzählen. Mir ist gerade aber eine Situation aus der Norwegentour 2020 eingefallen: am ersten Tag, die erste Autobahnauffahrt. Ich war aufgeregt und mit dem Kopf schon im Norden, also wurde ich unaufmerksam. Ich nahm die Kurve viel zu schnell und schoss auf den Einfädelungsstreifen – viel zu nah an der rechten Spur der Autobahn. Zu diesem Zeitpunkt fuhr dort ausgerechnet ein LKW und der musste etwas ausweichen. Mit dem Herz in der Hose wich auch ich aus und kassierte eine große Ladung LKW-Huperei. Die nächsten Kilometer bestanden fast nur aus tiefem Ein- und Ausatmen, ein paar Tränen und Schuldgefühlen. Das passiert mir nie wieder …

Offroad in Norwegen - SHE is a RIDER
Fast allein in Norwegen. Bild: Adventurist

Was war dein schönstes Erlebnis?

Eindeutig die erste richtige Offroadstrecke in Norwegen. Nach Tagen voller Asphalt und einem kurzen Schotterweg befanden Luke und ich uns nun vor einigen Kilometern Sand und Erde. Der Weg war perfekt! Niemand unterwegs, strahlende Sonne und er war gut ausgefahren – wir konnten sogar nebeneinander fahren, lachen und schreien. Es war wie im Film. Bis heute war das einer meiner schönsten Momente im Leben.

Wo oder welche Strecke würdest du gern einmal fahren? Warum reizt dich das?

Auf unseren Touren ist Luke eigentlich eher der Streckenkenner. Er hat unzählige Straßen auf Google Maps markiert und könnte hier wahrscheinlich eine beeindruckende Liste verfassen. Für mich gibt es nur eine wichtige Strecke: um die Welt – onroad und offroad.

Royal Enfield in Norwegen
Zwei Menschen, zwei Motorräder, ein Abenteuer. Bild: Adventurist

Was würdest du dir selbst raten, wenn du jetzt mit dem Motorradfahren beginnen würdest?

Ich habe zwar erst zwei Jahre Erfahrung auf dem Motorrad, doch eines ist mir hier gleich eingefallen: Lieber weniger Gewicht, als einen festen Stand. Und: Piens nicht so rum. Warum? Jeden Urlaub gibt es mindestens zehn Situationen, in denen ich dem Luke mit zittriger Stimme erkläre, warum ich da jetzt nicht drüberfahren kann – und jedes Mal klappt es am Ende dann doch.

Mein Tipp also: Einfach mal machen. Ein Motorrad ist ein Nutzgegenstand – wenn es mal umkippt, dann ist es halt so, dafür ist es da.

Warum sollte Frau Motorradfahren?

Wieso nicht? Allerdings würde ich in kälterem Klima stets sehr warme Unterwäsche empfehlen – Ich habe schon die ein oder andere Blasenentzündung davon weggetragen.

Ist da noch etwas, das du den Leserinnen mitteilen möchtest?

Oja: Macht euch nicht so einen Kopf! Luke und ich wollen mit Adventurist die Nachricht verbreiten, weniger zu planen. Einfach mal losfahren, es ergibt sich für alles immer irgendeine Lösung.

Mehr von Sophie und ihren Abenteuern findet ihr hier.

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