Als ich das Land 2015 zum ersten Mal mit dem Motorrad bereiste, wusste ich nicht so recht, was ich erwarten sollte. Gehört hatte ich von schlechten Straßenverhältnissen, korrupten Polizisten und verschlossenen Einheimischen. Also nicht gerade das Wunschreiseziel oben auf der Liste für Südamerika. Trotzdem, wer nicht wagt, der nicht gewinnt und außerdem war ich neugierig. Also startete ich vollkommen ‘vorurteilsfrei’ zu meiner Motorrad-Tour durch Bolivien.
Und was soll ich sagen, all das trifft zu, ist aber nur ein Bruchteil von dem, was Bolivien ausmacht. Zudem hat es eine reichhaltige Geschichte, eine ungezähmte Wildheit, vielfältige, atemberaubende Landschaften und fordert dich als Fahrer und Mensch immer wieder heraus.
Der Südwesten ist einfach unschlagbar spektakulär!
Eine meiner persönlichen Lieblingsstrecken führt von Samaipata im Osten des Landes zur Salar de Uyuni im Süden. Wenn schon kein Geheimtipp, dann auf jeden Fall eine großartige Empfehlung für eine Motorrad-Tour durch Bolivien.
Das malerische Samaipata liegt eingebettet in eine saftig-grüne Hügellandschaft ca. 150km von Santa Cruz, der zweit größten Stadt des Landes und ist ein gemütlicher Ort, bereichert durch eine aktive Gemeinde von internationalen Auswanderern. Und glaubt man einigen UFOlogen, dann befindet sich hier auch eine Landestelle für extraterrestrische Raumschiffe, darüber kann sich natürlich jeder sein eigenes Bild machen. Alles in allem ein spannender Ausgangspunkt mit abwechslungsreichen Restaurants und Cafes.
Auf revolutionären Pfaden
Von hier geht es auf unbefestigten Straßen Richtung Süden auf die berühmte Ruta del Che, benannt nach dem argentinischen Freiheitskämpfer Ernesto ‘Che’ Guevarra, der hier im bolivianischen Hinterland sein tragisches Ende fand. Er wurde von der bolivianischen Arme festgenommen und durch einen Agenten der CIA hingerichtet.
In La Higuera befindet sich in der ehemaligen Schule ein winziges Museum, das sein Wirken und Tod behandelt und der Ort ist zugleich wunderschöner Hintergrund für eine Übernachtung auf dem Land. In der ehemaligen Telegraphen-Station, die liebevoll hergerichtet wurde, wird mit Holz gekocht, die Dusche ist kalt und abends wird der Speisesaal mit Kerzen erleuchtet, aber gerade das macht den Charme aus. Keine Ablenkung durch Soziale Medien, Internet oder sonstige Apps. Einfach bei gutem Essen und einer Flasche Wein abschalten und den Tag Revue passieren lassen.
Kolonialgeschichte zum Anfassen
Auf und ab geht es auf der Strecke nach Sucre weiter. Die nur dünnbesiedelte Landschaft bietet fantastische Aussichten und eine Hängebrücke über den Rio Grande. Hier befindet man sich wahrhaft fern jeglicher Touristenpfade und erlebt das echte ländliche Bolivien, bevor man auf den letzten Kilometer in die historische Kolonialstadt wieder Asphalt unter die Räder bekommt.
Sucre besticht durch seine weiß gestrichene Altstadt, die inzwischen zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt wurde. Im Gegensatz zu ihrer großen Schwester La Paz, geht es hier etwas ruhiger zu. Cafes und Restaurants säumen den zentralen Platz, auf dem die Einheimischen flanieren oder einfach nur zu einem Plausch auf einer der vielen Bänke verweilen. Ich sitze auch gerne unter einem der Schatten spenden Bäume und bewundere die farbenfrohen Trachten der Bolivianerinnen. Am besten mit einer riesigen Eiskugel ‘Dulce de Leche’, man gönnt sich ja sonst nichts.
Ein weiteres Highlight ist die lokale Markthalle, hier findet man alles von Nagellack, über heilende Kräutertees, Kuhmägen, Obst und Gemüse, hinzu traditionellen Kokablättern. Feilschen gehört zum guten Ton und sollte praktiziert werden. Nach einem Rundgang darf man sich auf keinen Fall einen frischgepressten Saft entgehen lassen, die Auswahl an Früchten ist unschlagbar.
Bergbaualtag auf über 4000m
Auf Sucre folgt über eine brandneue kurvenreiche Straße Potosi, mit 4090m eine der höchsten Städte der Welt und ebenfalls Weltkulturerbe. Hier wurde bereits unter den Inkas Silber abgebaut, was sich bis in die Neuzeit fortsetzt. Und der Stadt sowohl Wohlstand als auch einige Probleme einbrachte.
Ein Spaziergang durch die geschäftige Bergbau-Stadt lohnt sich, allerdings sollte man es langsam angehen, da sich die Höhe durchaus bemerkbar macht. Viele Besucher werden vor allem durch die Minen angezogen, die man hier in geführten Touren erkunden kann. Ein interessanter Einblick in die harte Realität des Bergbaus ohne schwere Maschinerie. Man darf allerdings keine Anzeichen von Klaustrophobie haben, die Tunnel untertage sind an machen Stellen gerade weit genug, dass man sich als Erwachsener auf dem Bauch durchschieben kann.
Rostende Giganten in der Wüste
Der letzte Abschnitt der Tour führt durch geschwungene Schluchten vorbei an kleinen Dörfern und nun sieht man gelegentlich auch die tierischen Bewohner des Hochplateaus, Lamas, Emus und Vicunjas (ähnlich dem Alpaka). Das Altiplano erstreckt sich auf durchschnittlich 3600m vom Südosten Perus bis in den Südwesten Boliviens und prägt das Land wie kein anderer Teil.
Bevor man Uyuni erreicht gilt es noch einen Abstecher zu einem der größten Eisenbahn-Friedhöfe der Welt zu machen, zum Pulacayo Railway and Mine Museum. Hier verwittern unter der gleißenden Sonne auf 3800 Metern Lokomotiven und Wagen der fast vergessenen Eisenbahn Boliviens aus dem 19. Jahrhundert. Es bieten sich ungewöhnliche und kontrastreiche Foto-Objekte für das ganz besondere Abenteuerfoto.
Darf’s noch etwas mehr Salz sein?
Uyuni ist spätestens seit der Dakar Rally 2014 unter den Motorradfahrern ein Begriff. Die Salar de Uyuni ist mit 10.000 Quadratkilometern die größte Salzpfanne der Welt und ein unverwechselbares Wahrzeichen Boliviens. Grell-weißer Untergrund und strahlend blauer Himmel soweit das Auge reicht. Ein unbeschreibliches Gefühl wenn man durch diese Landschaft auf zwei Rädern fährt. Kleine Freudenschreie im Helm sind nichts Ungewöhnliches.
Nachdem der erste Freudenansturm vorüber ist, kann man sich auch noch ein paar Sehenswürdigkeiten anschauen, das berühmte Dakar Rally Monument, die Salzgewinnung in Colchani und die Kaktusinsel Inca Huasi. Wer dann noch nicht genug vom Salz hat, kann als einmaliges Erlebnis die Nacht im Salzhotel verbringen. Unter dem sternenklaren Himmel des Hochplateaus umgeben von Salz, da das komplette Hotel aus dem Rohstoff erbaut wurde.
Meine Lieblingsstrecke findet hier in der Salar nach gut einer Woche ihr Ende, aber wer mehr Zeit zur Verfügung hat, dem stehen noch weitere Optionen zur Verfügung.
Noch mehr Motorrad-Tour durch Bolivien
Eine der besten und anspruchsvollsten Fahrten, die ich je alleine unternommen habe, führt von der Salar de Uyuni direkt durch die Atacama Wüste nach San Pedro de Atacama in Chile. Die legendäre Lagunas Route, alles Piste, menschenleer und bis zu 5050m über dem Meeresspiegel. Dafür bekommt man zahlreiche Lagunen zu sehen, oft mit hunderten oder tausenden von Flamingos. Durch die Höhe und Abgeschiedenheit eine echte Herausforderung für jeden Motorradfahrer. Und ein echtes Highlight auf meiner Motorrad-Tour durch Bolivien.
Wem das etwas zu extrem erscheint, der kann den Rundtrip fortsetzen und zunächst nach Tupiza, dann über Tarija und Villamontes, nach Samaipata zurückfahren. Hier erwarten einen wunderschöne Berglandschaften, Weinanbaugebiete und ländliches Leben. Ein beschaulicher Ausklang für einen abwechslungsreichen und unvergesslichen Roadtrip durch den atemberaubenden Süden von Bolivien.
Falls sich nun dein Abenteuergeist lautstark bemerkbar macht und Du auch Lust auf eine solche Motorrad-Tour durch Bolivien bekommen hast. Dann hole Dir weitere Infos hier.
Franziska hat uns auch schon in der Rubrik RIDER of the WEEK ein Interview gegeben. Hier geht’s zu ihrer Geschichte Franziska- Ich entscheide wo es hin geht
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