Hallo, wie heißt du bitte? Maike
Und wie alt bist du? 33 Jahre
Was ist dein Job?
«Mädchen für alles» trifft es wohl am besten. Ich komme ursprünglich aus der Hotellerie und bin es gewohnt die verschiedensten Aufgaben zu übernehmen. Heute arbeite ich als Executive Assistant bei einer Rechtsanwaltskanzlei und organisiere als Projektmanagerin das Charity-Event die Swiss Ice Challenge.
Es ist mir wichtig, dass ich mit meiner täglichen Arbeit einen sinnvollen Beitrag für mindestens eine andere Person leisten kann. Zudem mache ich eine Ausbildung zur Ernährungs-Psychologischen Beraterin. Meine Interessen sind wirklich vielfältig und ich bin dankbar einen Arbeitgeber gefunden zu haben, wo ich all das einbringen und leben darf.
Seit wann fährst du Motorrad?
Ich habe am 12. Mai 2015 mein erstes Motorrad gekauft und durfte nach dem Schweizer System auch gleich loslegen und so viel fahren wie ich wollte. Ungleich dem Fahrschulsystem in Deutschland, darf man in der Schweiz mit einem Lehrfahrausweis bereits vor der bestandenen Prüfung auch ohne einen Fahrlehrer unendlich viele Kilometer machen. Dafür hockt der Prüfer sich bei der Führerscheinprüfung dann aber auch für eine sehr lange Zeit als Sozius bei dir hinten drauf. Seit September 2015 besitze ich tatsächlich einen Motorradführerschein. Da bin ich gerade 29 Jahre alt geworden.
Wie und warum bist du zum Motorradfahren gekommen?
Eigentlich wollte ich schon immer Motorrad fahren. Als Kind bin ich mit meinen Eltern oft mit dem Auto von Deutschland nach Italien in den Urlaub gefahren. Auf der Fahrt habe ich stets die vielen Motorradreisenden auf ihren imposanten Touringmaschinen mit den Koffern und Tankbags bewundert. Mit 15 Jahren habe ich schon den Moped-Führerschein gemacht und fuhr bis zum Autoführerschein bei Wind und Wetter mit meinem (leicht gepimpten) Peugeot Speedfight über’s Land. Obwohl mein Vater selbst Motorrad fuhr, wollten mir meine Eltern jedoch den Motorradführerschein nicht finanzieren. Die klassischen Bedenken, dass das Motorradfahren viel zu gefährlich sei. Und so dauerte es eine Weile, bis für mich der richtige Zeitpunkt kam, mir diesen Traum doch noch zu erfüllen.
Nachdem ich in die Schweiz gezogen war und meinen heutigen Mann kennengelernt hatte, ging alles ganz schnell. Zwei Wochen habe ich es als Sozia bei ihm auf dem Bike ertragen, danach wurde mir langweilig und ich wollte endlich selbst fahren. So war ich schon vor meiner bestandenen Führerscheinprüfung mit dem Motorrad auf Korsika unterwegs und auf Motorradtour von der Schweiz bis nach Albanien.
Welches Motorrad fährst du?
Meine Beauty ist eine Triumph Tiger 800 XRT von 2015. Beauty ist quasi die bessere Hälfte von Beast, der Triumph Explorer meines Mannes.
Warum hast du diese Maschine gewählt?
Natürlich war ich durch meinen Mann gleich etwas vorbelastet in Richtung der Marke Triumph. Ich bereue diese Entscheidung jedoch keine Minute. Ich wollte ein zuverlässiges Bike, mit ausreichend Leistung, aber nicht zu übertrieben. Es sollte komfortabel für lange Reisen sein und doch handlich genug für den täglichen Stadtverkehr. Darüber hinaus sollte das Motorrad auch für leichte Offroad-Strecken geeignet sein und hübsch aussehen sollte es auch noch.
Quasi die Eier-legende-Woll-Milch-Sau. Bis heute hat mich die Tiger noch nie enttäuscht und ich habe seit dem ersten Tag super Freude an dem Bike.
Was bedeutet Dir Motorradfahren heute?
Freiheit, Selbstsicherheit und Naturverbundenheit. Mit dem Motorradfahren begonnen zu haben, war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Meiner Meinung nach ist es nicht nur die schönste Art des Reisens, es hat mich auch persönlich sehr viel gelehrt.
Wenn ich meine Motorradkleidung anziehe und auf mein Bike steige, fühle ich mich gleich selbstsicherer. In den vergangenen Jahren habe ich sehr viel auf meinem und einigen weiteren Motorrädern, die ich regelmäßig fahren darf, erlebt. Jedes Erlebnis, jede neue Herausforderung haben mich stärker und selbstbewusster gemacht. Beim Motorradfahren werde ich immer wieder daran erinnert, dass ich viel mehr schaffen kann, als ich mir selbst initial zutraue.
Mit der BMW S1000RR auf dem Track in Barcelona, eine Indian Chieftain durch die Schweizer Alpen navigieren oder mit der (für mich deutlich zu hohen) Yamaha Ténére 700 durch den Wald hinterm Haus – ich bin ohne zu Zögern dabei!
Im Volksmund heißt es so schön «Der Weg ist das Ziel». Obwohl wir alle diesen Spruch kennen, leben wir doch allzu häufig nur in Erwartung des Ziels und übersehen die Wunder entlang des Weges. Das Motorradfahren ist eine wunderbare Praxis, sich tatsächlich des Weges wieder bewusster zu werden und diesen zu genießen. Ich kann mich dann über eine bunte Blume entlang der Straße freuen, winke zufrieden grasenden Kühen zu und bin dankbar für jede freundliche Begegnung auf meinen Reisen. Auf dem Motorrad fühle ich mich meiner Umwelt einfach viel näher als in einem Auto. Auf Reisen vereinfacht das den Kontakt zu fremden Menschen ganz erheblich.
Was bewunderst du an anderen Motorradfahrern?
Ich halte Menschen für bewundernswert, die immerzu wohlwollend und urteilsfrei durch’s Leben gehen. In aller Regel ist es diesen Menschen tatsächlich nicht wichtig, was andere über sie denken und sie strahlen einen Zustand inneren Friedens aus. Sie können geben, ohne etwas zu erwarten und sind unbeschwerter. Sie respektieren die Meinung anderer, machen sich aber niemals klein davor. Ein solches Selbstvertrauen bei einem Menschen, frei von Ego, beeindruckt mich sehr.
Was war deine größte Herausforderung bisher?
Wie hast du Sie gemeistert und wie hat das dein weiteres (Biker)Leben beeinflusst?
Ich habe das Glück, regelmäßig die neuesten Modelle fahren zu dürfen. Dabei handelt es sich in aller Regel um Pressebikes von diversen Herstellern, darunter KTM, Yamaha und Indian Motorcycles. Somit bin ich es gewohnt, mich immer wieder auf andere Bikes einzustellen und ganz verschiedene Stile zu fahren. Um noch mehr dazu zu lernen, kam ich dann auf die Idee mit meinem Mann auch mal ein Rennstreckentraining zu machen. So ein richtiges Sportmotorrad war bis dato noch neu für mich. Also, wieder eine ganz neue Art von Bike und Fahrstil.
Weil uns das erste Training mit der Racing School Europe auf der BMW S1000RR so viel Freude gemacht hat, beschlossen wir auch in diesem Jahr wieder zum Training nach Barcelona zu fahren. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch etwas angeschlagen. Gerade einmal fünf Wochen zuvor hatte ich mir bei einem harmlosen Sturz das Schlüsselbein gebrochen. Mir ist bei 2,5C° Aussentemperatur und nagelneuen Reifen das Hinterrad beim Schalten vom ersten in den zweiten Gang in einer leichten Kurve weggerutscht.
Es hätte meine erste Fahrt in der neuen Saison sein sollen. Folglich bin ich nach der Winterpause Richtung Barcelona aufgebrochen, ohne in dem Jahr überhaupt einen Kilometer zurückgelegt zu haben und mit der neu erlangten Erkenntnis, dass ich doch nicht unverwundbar bin.
Während der drei-tägigen Tour auf meinem eigenen Bike erlangte ich Kilometer für Kilometer das alte Vertrauen zurück. Obwohl ich etwas unsicher die Reise antrat, ging ich doch davon aus, dass ich während des Trainings auf dem Track in Barcelona locker an meiner Leistung des vergangenen Jahres anknüpfen würde. Umso deprimierter war ich tatsächlich schon nach der ersten Session. Verunsichert, steif und orientierungslos fuhr ich die S1000RR über den Circuit und überhaupt nichts fühlte sich nach Spass an.
Die ersten zwei Tage kreisten in meinem Kopf ständig Gründe, warum ich die nächste Session besser ausfallen lassen sollte. Der Wind war zu stark, ich sollte mich nicht verausgaben wegen des instabilen Schlüsselbeins, die Strecke war vom letzten Regen noch zu nass usw.
Dennoch stieg ich jede Session wieder auf’s Bike und ging mit den anderen Teilnehmern an den Start.
Erst am dritten Tag des Trainings entspannte ich mich endlich und begann die gefahrenen Laps zu genießen. Ich hatte wieder Freude am Fahren und machte plötzlich deutliche Fortschritte. Ich weiß, dass ich mir in den ersten Tagen absolut selbst im Weg stand. Entsprechend stolz war ich im Nachhinein, dass ich nicht aufgegeben, meine Ängste überwunden und erneut viel dazu gelernt habe.
Eine gute Woche später saß ich bereits wieder auf dem nächsten neuen Bike, einer KTM 1290 Superduke R und fuhr meine Runden auf der, für mich ebenfalls neuen, Rennstrecke in Cremona. Wieder begleitet von Regenschauern, die mich diesmal überhaupt nicht gestört haben. Von Angst oder Unsicherheit keine Spur mehr. Mit gewachsenem Selbstvertrauen wagte ich sogar, meinen Mann zu überholen.
Aus dieser Erfahrung habe ich vor allem gelernt, wie stark sich die eigenen Selbstzweifel im tatsächlichen Können widerspiegeln. Erfolg entsteht bereits im Kopf. Mein Kopf und ich sind immer häufiger einer Meinung!
Gab es schon Mal eine brenzlige Situation?
Was war es und wie hast du reagiert?
Brenzlige Situationen erlebt man ständig, wenn man so viel auf der Straße unterwegs ist, wie ich. Obwohl ich ein Motorrad fahre, welches über sehr gute Beleuchtung verfügt und recht groß ist, werde ich doch regelmäßig übersehen, weil viele Verkehrsteilnehmer schlicht den Schulterblick vergessen oder ihrem Handy deutlich mehr Beachtung schenken als dem Verkehr. Seit meinen ersten selbstständig gefahrenen Kilometern predigt mir mein Mann immer, ich solle grundsätzlich davon ausgehen, nicht gesehen zu werden.
Dieses Credo habe ich absolut verinnerlicht. Bei jedem Überholmanöver beobachte ich das Fahrzeug rechts von mir sehr genau, damit ich reagieren kann, sollte es plötzlich rüber ziehen. Auch weiß Motorrad Neuheiten von BMW bis Zero – Tipps und Testberichte ich immer was hinter und vor mit passiert – ständiger Rundumblick und immer für die Anderen mitdenken. Das ist nur am Anfang anstrengend und wird schnell zur Gewohnheit, so aufmerksam und vorausschauend zu fahren. Es hat mich aber schon einige Male davor bewahrt, abgedrängt oder sonst wie übersehen zu werden.
Was war Dein schönstes Erlebnis?
Das ist wirklich nicht so leicht zu beantworten, weil ich bereits so viele wunderbare Momente auf zwei Rädern erleben durfte.
Wenn ich mich für Eines entscheiden muss, ist das wohl die Reise im Himalaya Gebirge. Die vielen Eindrücke, die Menschen, das Essen etc. Im August 2017 waren mein Mann und ich mit einer kleinen Gruppe für gut zwei Wochen auf Royal Enfields Bullet 500 unterwegs. Dabei ging es über die drei höchsten Pässe der Welt und nicht nur über Stock und Stein, sondern vielmehr auch durch Flüsse sowie wirklich tiefe Schlaglöcher. Die Bullets waren deutlich stabiler als meine Lendenwirbelsäule vermuten ließ.
Das war ein wirklich tolles Erlebnis und mein persönliches Highlight war natürlich der Heiratsantrag, den mir mein Mann während dieses Abenteuers gemacht hat.
Wo oder welche Strecke würdest Du gern einmal fahren?
Warum reizt Dich das?
Oh je, diese Liste ist nun wirklich lang. Ganz oben steht jedenfalls, Spoiler Alarm, der afrikanische Kontinent. Das Projekt heißt «Christmas in Cape Town» und wir haben bislang noch nicht einmal auf unserem Instagram darüber gesprochen.
Aber das wird sich bald ändern, denn die Vorbereitungen laufen inzwischen. Natürlich startet die Reise zuhause in der Zentralschweiz und führt uns durch Israel, den Nahen Osten nach Zentral Afrika bis in den Süden. Die Route wird – wie immer auf unseren Reisen – flexibel gestaltet.
Ich habe einige Jahre auf Hochseekreuzfahrtschiffen gearbeitet und durfte daher bereits sehr viel von der Welt sehen. Afrika übt aber schon lange eine Faszination auf mich aus und ich habe bislang kaum etwas von diesem Kontinent entdecken dürfen. Mein großer Wunsch ist es, die afrikanischen Länder und die Kulturen besser zu verstehen und mehr Menschen dafür zu begeistern, sich auch einmal aus ihrer Komfortzone heraus zu bewegen, um diese zu erweitern. Ich glaube ich bin selbst fast schon ein bisschen süchtig danach geworden, immer wieder neue Abenteuer zu erleben, um daran zu wachsen. Afrika verspricht, ein solches Abenteuer zu werden.
Was würdest du dir selbst raten, wenn du jetzt mit dem Motorradfahren beginnen würdest?
Drei Tipps aus deiner persönlichen Erfahrung?
- Suche dir ein passendes Bike aus. Die Freude am Fahren kann schnell durch ein zu leistungsstarkes, unhandliches und schweres Bike getrübt werden. Auch wenn das erste Bike vielleicht noch nicht der große Hingucker ist oder die Kollegen meinen, ein cooleres Motorrad müsse her, vernünftig bleiben und schlau entscheiden.
Es ist auch ein schönes Gefühl zu wissen, dass das erste Bike ruhig mal hinfallen darf. Das macht gleich viel entspannter beim Üben. Und wenn man dann etwas erfahrener ist und noch ein bisschen sparen konnte, kommt das Traumbike in die Garage. - Wenn dann mal der Führerschein bestanden ist und etwas Fahrpraxis gesammelt wurde, lohnt es sich, regelmäßig andere Motorräder zu fahren. Für mich hatte der Wechsel auf viele unterschiedliche Bikes immer auch einen positiven Effekt auf das Fahrverhalten mit meinem eigenen Motorrad. Es gibt immer wieder Veranstaltungen, wo man Motorräder diverser Hersteller auf kleine Testfahrten mitnehmen darf. Zudem bieten Anbieter von Fahrsicherheitstrainings die Möglichkeit, andere Bikes zu fahren. Jede neue Erfahrung macht sicherer und besser. Daher halte ich es auch für sinnvoll, schon früh über den Tellerrand hinaus zu schauen und vielleicht einmal einen Offroad Kurs zu absolvieren oder mit einem Instruktor über eine Rennstrecke zu düsen.
- Schon früh lernen, alleine zu fahren. Auf der einen Seite hatte ich das Glück, immer mit Lennart (meinem Mann) fahren zu können, der in aller Regel vor mir hergefahren ist und mich dank des Kommunikationssystems stets vor Gefahren warnen konnte. Andererseits machte es mich noch lange nervös, wenn andere Motorräder hinter mir auftauchten. Besonders schnelle Fahrer, die vielleicht noch etwas dicht auffuhren, konnten mich total aus dem Konzept bringen. Ich habe Lennart dann immer häufiger gebeten, selbst vorfahren zu können, damit ich sicherer wurde und das Gefühl verlor, jemandem auf der Straße im Weg zu sein. Mit zunehmender Erfahrung konnten mich dann auch Drängler nicht mehr verunsichern.
Warum sollte Frau Motorradfahren?
Weil es Spass macht, Freiheit gibt, mit tollen Menschen verbindet und Frauen grundsätzlich toll auf Motorrädern aussehen.
Zugegeben, Frauen die Motorradfahren werden auch heute noch manches mal von Männern belächelt. Ja, die meisten Frauen fahren anders als Männer. Wir sind ja auch grundlegend anders – zum Glück, möchte ich meinen. Anders ist aber nicht gleichbedeutend mit schlechter. Genauso wenig, wie schnell ein Synonym für gut oder sicher ist.
Jeder Mensch, egal ob Frau oder Mann (sofern Angst kein ständiger Begleiter ist), kann lernen ein Motorrad wirklich gut zu beherrschen. Es würde mich sehr freuen, wenn immer mehr Frauen den Mut aufbringen, sich in dieser Männerdomäne zu behaupten und dem Motorradfahren einfach mal eine Chance geben.
Motorradfahren wird gerne als überaus gefährlich dargestellt. Ich bin überzeugt, dass man das Risiko eines Unfalls durch regelmäßige Trainings, vorausschauendes Fahren und die Anwendung gesunden Menschenverstands sehr stark minimieren kann. Jedoch nimmt die Minderheit der Motorradfahrer nach der bestandenen Führerscheinprüfung je wieder an einem Sicherheitstraining teil.
Auch scheint es für einzelne Piloten unzumutbar, den gesunden Menschenverstand unter dem Helm zu bewahren. Aber das hat ja jeder selbst in der Hand.
Also, keine Angst. Einfach einmal ausprobieren. Ich freue mich über eine wachsende Zahl von Frauen, welche die Leidenschaft für das Motorradfahren für sich entdecken.
Mehr von Maike und ihren geplanten Touren gibt es hier.
Hallo Maike,
können sie uns erklären was es mit dieser Swiss ice challenge auf sich hat? Ich finde es super daß sie die Möglichkeit haben Presse Motorräder zu fahren. Wie kam es dazu?
LIEBEn Gruß
Vielen Dank für den interessanten Beitrag! Ich bin noch in der Fahrschule, aber Töff war mein Traum seit Kindheit! Ich wusste aber nicht, dass es gut ist, viele verschiedene Motorräder zu probieren. Habe immer gedacht, dass das erste mit mir für Ewigkeit bleibt.