Unsere Reise beginnt Mitte September in Hamburg. Wir haben die Motorräder auf den Anhänger geladen und sind nach Südfrankreich aufgebrochen, genauer gesagt nach Soyons im Departement Ardèche. Dort werden wir bereits erwartet für unsere Motorradtour Südfrankreich, die uns mit grandiosen Strecken, landschaftlichen und kulinarischen Highlights überraschen wird.
Mit PKW und Anhänger zur Motorradtour nach Südfrankreich
Der Vorteil mit PKW und Anhänger zu reisen, ist es mehr Zeit im Zielgebiet verbringen zu können. Außerdem kann man mit Kleidung und Ausrüstung flexibler auf das Wetter reagieren. Von Hamburg aus beträgt die Strecke rund 1450km. Wenn man die französischen Autobahnen nutzt, werden 32 Euro Maut pro Weg fällig. Zu unserer Erheiterung wurden wir, selbst mit dem Gespann, unterwegs von den französischen Motorradfahrern freundlich gegrüßt.
Dank mehrerer Fahrerwechsel erreichen wir bereits nach 18 Std. das Ziel. In Südfrankreich angekommen, erwartet uns bereits Jochen Ehlers. Er ist nicht nur der Kopf von Endurofuntours, sondern sollte auch der Guide unserer Motorradreise sein. Er kennt sich in den umliegenden Departements sehr gut aus und findet sich auch ohne Karte und Navigationsgerät sicher zurecht. Nach vielen Jahren geführter Touren hat er sich selbst inzwischen in der Ardèche häuslich niedergelassen und verbringt fast das halbe Jahr dort.
Heißer Herbst in Südfrankreich
Zu unserer Überraschung war es in Südfrankreich noch bis zu 33 Grad warm und trocken, so dass wir beschlossen auf unsere Regenklamotten zu verzichten. Als Frau hat man ohnehin immer zu viel Krempel dabei. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass es in den Bergen 5 – 10 Grad kühler werden kann. Stattdessen haben wir uns einige zusätzliche Wasserflaschen ins Gepäck gestopft.
Lesetipp: Motorradurlaub und im leben. Was brauchst du wirklich?
Es empfiehlt sich Hotels zu buchen, um von dort aus Exkursionen ins Umland zu starten. Motorradfahrer sind in Frankreich gerne gesehen und häufig werden auch Garagenplätze oder über Nacht abgeschlossene Parkplätz zur Verfügung gestellt.
Hotels in Südfrankreich heißen Motorradfahrer Willkommen
Wir waren sehr erfreut darüber, dass wir unser Gespann während unserer Rundreise im „Hotel de Charme“ in Soyons sicher zurücklassen konnten. Die Preise sind nicht überzogen und variieren mit der Anzahl der Sterne. Ein „Petit Dejeuner“, ein kleines Frühstück, kostet überall um die 10-12 Euro und sollte stets mit eingeplant werden. Für das kleinere Portemonnaie sind auch viele Campingplätze zu finden. Eine Übernachtung mit Dusche gibt es schon ab 15-17 Euro pro Person.
Motorradfahrer-Paradies Ardèche, Lozère und Drôme
Was die Motorradstrecken angeht, kann man in den Departements Ardèche, Lozère und Drôme nicht viel verkehrt machen. Genau genommen geht es ständig bergauf oder bergab. Für Norddeutsche ist das recht ungewohnt. Die Straßenzustände sind im Allgemeinen recht gut, nur die engeren und wenig befahrenen Straßen zu kleineren Dörfern sind oft buckelig und geflickt. An Kurven und Serpentinen mangelt es freilich nicht. So ist es nicht verwunderlich, wenn man am Abend weniger auf dem Kilometerzähler abliest, als der Muskelkater es vorgibt.
Kulinarische Highlights auf Motorradtour in Südfrankreich
Bei einer Motorradtour in Südfrankreich denkt man sofort an Wein und Lavendel. Natürlich haben auch wir es uns nicht nehmen lassen Weingüter zu besuchen.
Bedingt durch die seit einigen Jahren immer wärmer werdenden Sommer, ist der Anbau von Weißwein nur noch grenzwertig wirtschaftlich. Er wird deshalb vorwiegend im Norden Frankreichs angebaut und auch Rosé-Wein gibt es deshalb relativ wenig. Rund 75% der Trauben werden für die Produktion von Rotwein gelesen. Dafür gibt es spezielle „Harvester“, Erntemaschinen, die den Winzern die Arbeit erleichtern. Schwierige oder außergewöhnlichen Hanglagen erfordern jedoch noch immer die Handarbeit von Saisonkräften. Fast alle Weingüter bieten Degustationen an. Platz im Gepäck hat man als Motorradfahrer nicht, doch man kann sich problemlos seine Wein-Favoriten nachhause schicken lassen. Die Preise der Winzer sind in der Regel so günstig, dass die Versandkosten dabei zu vernachlässigen sind. Wir haben auf unserer Tour Degustationen bei „Le Mas Sylvia“ in Curnier und bei „M. Chapoutier“ in Tain- l`Hermitage genossen. Wer aufmerksam durch die Drôme fährt, wird einige beschriftete Weinberge von „M. Chapoutier“ entdecken können.
Präzise temperierte Weine und die richtigen Gläser dazu lassen die spezifischen Gerüche und Aromen optimal zur Geltung kommen. Johannisbeere, Kirsche, Pfirsich, Aprikosen, Holz und Vanille… Es ist erstaunlich, was Nase und Gaumen im Wein alles entdecken können. Viele Weingüter gehen dazu über auch Übernachtungsmöglichkeiten anzubieten, denn nach der Weinprobe ist es schlecht mit dem Motorrad weiter zu fahren.
Lavendelfelder in der Ardèche
Auf dem Weg durch die Ardèche kommt man häufig an Lavendelfeldern vorbei, die im Spätsommer natürlich schon abgeerntet wurden. Um die Lavendelblüte zu erleben, ist ein Besuch im Juni oder Juli zu planen. Die Blütezeit kann jedoch je nach Wetterlage um einige Wochen variieren. Wer zur Blüte die Provence, bzw. die Region PACA besucht, wird sich vermutlich über die zahlreichen asiatischen Reisegruppen wundern, die mit ihren Fotoapparaten bewaffnet Bilder in den Lavendelfeldern schießen. Es gab vor einigen Jahren ein Werbefoto eines Tourismusverbandes, auf dem eine Asiatin mit einem weißen Strohhut im Lavendel stehend zu sehen war. Dieses Bild wurde sehr bekannt und steht nun für viele Asiaten symbolisch für diese Region und darf natürlich in keinem Fotoalbum fehlen. Vereinzelte Felder bleiben deshalb nun von der Ernte verschont, damit sich Touristen dort gegenseitig ablichten können. Der Spaß kostet sie dann rund 10,00 Euro Eintrittsgeld.
Lavendelprodukte wie Seife, Cremes, Parfum, Honig oder Schnaps, sind natürlich zu jeder Jahreszeit erhältlich. Im Herzen des Gorges de l`Ardèche kann man das Lavendel-Museum besuchen, die extrahierten ätherischen Lavendelöle erschnüffeln und bei der Destillation zusehen. Ein weiteres liegt in Nyons am Pont Roman.
Über Frankreich und seine Departments
Inzwischen sind die Begriffe Departement und Region mehrfach gefallen. Frankreich ist seit 1790 zum Zwecke der Dezentralisierung in Departements untergliedert, die jeweils von einem von der Regierung eingesetzten Präfekten geführt werden. Derzeit sind es 101, von denen 96 direkt in Frankreich liegen. Außerhalb liegen Guadeloupe, Martinique, Frz.-Guayana, Rèunion und Mayotte. Die Departements sind wiederum in 335 Arrondissements unterteilt, so dass besser auf die regionalen Bedürfnisse eingegangen werden kann. 4-5 Departements bilden eine Region. Hier höre ich damit auf das Lexikon des unnützen Wissens für Günther Jauchs „Wer wird Millionär“ zu füllen.
Kastanien – Genusskulturerbe neben Wein und Käse
Esskastanien waren früher ein wichtiger Ernährungsbestandteil der Bevölkerung in der Ardèche und auch heute noch begegnet man vielen Kastanienbäumen und Kastanienprodukten, wie Kastanienmehl, Kastanienpaste und sogar Kastanienbier. In Joyeuse befindet sich ein Esskastanienmuseum, untergebracht in einem ehemaligen Oratorianer-Kolleg aus dem XVII Jahrhundert. Es ist eine Hommage an den „Brotbaum“ und zeigt die regionale Kultur und Bedeutung der Kastanie, alte Werkzeuge, Schälmaschinen und Gebrauchsgegenstände. Eine Kostprobe zahlreicher Esskastanienprodukte erwartet die Besucher am Ende der Besichtigung.
Besichtigungsziele gibt es sehr viele in der Ardèche, so dass man mit nur einem Besuch kaum alles ansehen kann.
Motorradtour Südfrankreich: Landidylle und Boule-Challenge
Viele kleine Dörfer wirken geradezu verlassen. Die jungen Leute zieht es in die Städte und die Alten bleiben zurück. Erst in den Nachmittagsstunden sieht man sie auf dem Marktplatz Boule spielen oder im Dorf-Café sitzen. Boule ist im Prinzip nichts anderes als das bei uns bekannte Boccia und in Frankreich ein Nationalsport. Wir haben während unserer Pausen diesem unbeschwerten Treiben gerne zugesehen.
Viele Jahre war das Verhältnis der Franzosen zu den Deutschen vom zweiten Weltkrieg stark belastet, was man ihnen sicher nicht verübeln kann. Davon merkt man heute jedoch kaum noch etwas. Mit einigen Brocken Französisch, etwas Englisch, sowie mit Händen und Füßen, ist rasch das Eis gebrochen und der Kontakt hergestellt.
Drôme – Hochburg für Käse und Oliven
Wofür Südfrankreich ebenfalls sehr bekannt ist, sind Käse und Oliven.
Im Nachbar-Departement der Ardèche liegt die Drôme, in der sich Nyons, die Hauptstadt des Olivenöls, befindet.
Die Landschaft wird als „agropastoral“ (gemischte Landwirtschaft) bezeichnet. Wie der Begriff es bereits ausdrückt, ist die Gegend von Landwirtschaft und der Haltung von Ziegen und Schafen geprägt, aus deren Milch Pélardon, ein Ziegenweichkäse von internationalem Renommee hergestellt wird. Die bäuerlichen Erzeuger gewährleisten jährlich die Herstellung von vier Millionen Pélardons, ausschließlich in den Cevennen. In der Drôme wird dieser Ziegenkäse Picodon genannt, ist aber praktisch der gleiche Käse.
Ziegen und Schafe sind besonders gut an die kargen Böden und deren Bewuchs in den Bergen angepasst. So erklärt sich die Vorliebe der Franzosen für deren Käse, der in aller Vielfalt bei keinem Menu fehlen darf. Ein Besuch der Fromagerie de Hyelzas „Le Fédou“ in Hures la Parade sollte deshalb bei Planung der Route nicht vergessen werden.
Unweit der Käserei befindet sich außerdem eine alte Windmühle, die „Moulin de la Borie“, in der heute noch wie früher Korn gemahlen wird.
Südfrankreichs verträumte Ortschaften haben Tankstellen-Mangel
Wenn man über die kleinen Dörfer durch die Berge fährt, sollte man seinen Spritvorrat im Auge behalten. Nicht in jedem Dorf gibt es eine Tankstelle, und man sollte die Chance nutzen um Benzin zu bunkern, wenn man durch eine größere Ortschaft kommt. Die meisten Tankstellen funktionieren ohne Personal. Das bedeutet Selbstbedienung mit EC- oder Kreditkarte. Am besten hat man beide Karten dabei, denn manchmal wird die Kreditkarte nicht akzeptiert. Für uns waren diese „Geister-Tankstellen“ zunächst etwas unsympathisch, aber nach der dritten Betankung denkt man nicht mehr weiter darüber nach. Besonders günstig sind die Tankstellen der Supermärkte. Bei der Gelegenheit kann man auch gleich Getränke und Snacks besorgen.
Diese Orte solltet ihr auf Motorradtour durch Südfrankreich nicht verpassen
Eine der beeindruckendsten Etappen führt von Florac aus über Montbrun nach Sainte-Enimie. Das Dorf Sainte-Enemie erhielt sogar eine Auszeichnung als eines der schönsten Dörfer Frankreichs.
Den 54m hohen Felsenbogen von Pont d`Arc sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.
In nur kurzer Entfernung befindet sich auch die Grotte Ornee du Pont d`Arc, die seit 2014 als Grotte Chauvet bekannte Höhle ist UNESCO Weltkulturerbe.
Besonders hat uns auch die Route de Combe Laval im Vercors gefallen. Den Einstieg zu dieser kurvenreiche Panoramastraße findet man am Col de la Machine in einer Höhe von 1015m. Bereits 1893 wurde damit begonnen die schmale Straße in die Steilwand der Berge zu schlagen. Für Wohnmobile, Busse und LKW ist die Combe Laval gesperrt, denn sie hätten keine Möglichkeit dem Gegenverkehr auszuweichen und würden in den engen Tunneln und Felsbögen nicht weit kommen. Trotzdem versuchen es einige immer wieder. Der Ausblick auf die umliegenden Berge und hinab in die rund 600m tiefe Schlucht ist ein unvergesslicher Eindruck.
Im Anschluss ging es auf 1254m Höhe, um über den Pass des Col de Rousset zu fahren. Von dort schlängeln sich herrliche Serpentinen den Berg hinunter.
Diese Route ist allerdings auch bei den Rennradfahrern sehr beliebt. Man muss hinter jeder Kurve mit ihnen rechnen, in voller Straßenbreite oder wegen überhöhter Geschwindigkeit auch im Gegenverkehr. Sonst sind diese Risikosportler eher am Mont Ventoux zu finden, dessen Nordrampe bis zum 1909m hohen Gipfel zurzeit wegen Straßensanierungsarbeiten gesperrt ist.
Im Nord-Westen der Ardèche bietet der Mont Gerbier de Jonc einen eindrucksvollen Aufstieg bis auf eine Höhe von 1417m. Folgt man von dort aus der D122 nach Westen, erreicht man den See Lac d`Issarlès, der auch im Spätsommer noch zum Baden und Sonnen einlädt, so dass auch der Bikini im Reisegepäck nicht fehlen darf.
Lorère – See-Umrundung per E-Scooter bei 16 Grad
Weiter der Route folgend, kommt man in das angrenzende Departement Lozère, wo der nächste größere See auf uns wartete. Der Lac Naussac ist nicht nur wunderschön anzusehen, er dient auch der Energiegewinnung für ein Wasserkraftwerk. Wir haben dort eine Pause eingelegt, um vom Rodin Parc von Rocles eine kleine E-Scooter Tour um den See herum zu unternehmen. Eine willkommene Abwechslung im Tagesprogramm bei nur 16 Grad in den Morgenstunden.
Es lohnt sich eine Pause im Ort Pont-de-Montvert einzuplanen. Hier fließen am Fuße des Mont Lozére die Flüsse Le Martinet und Le Rieumal in den Oberlauf der Tarn. Die landestypische Ortschaft liegt im Nationalpark Cevennen, einem Teil des Massif Central, nur 20km von Florac entfernt.
Weiter südlich führte uns der Weg entlang der Jonte-Schlucht, Gorges de la Jonte. Zwischen Meyureis und Florac liegt dort die Ortschaft Gatuzières, wo sich die Brasserie Artisanale de Lozère befindet. Diese kleine Brauerei versorgt das Umland mit über 20 Biersorten und zahlreichen Limonaden, die in ihrer Vielfalt nur schwer alle zu probieren sind und sich bei uns in Deutschland wegen des Reinheitsgebotes nicht Bier nennen dürften. Das ermöglicht den Braumeistern ungeahnte Kreativität. Wir durften natürlich nur Limonade verkosten, aber einige Bierflaschen passten zum Glück doch noch irgendwie in die Gepäcknudel – Frau muss es nur wollen.
Faszinierende Felsenlandschaft mit Schokolade
Der Tarnschlucht Gorges du Tarn folgend, kann man bis La Malene eine faszinierende Felsenlandschaft erleben. Bedingt durch die Trockenheit führte die Tarn im September erschreckend wenig Wasser, so dass Bootsausflüge von La Marlene nicht mehr im gewohnten Umfang stattfinden konnten. Die Serpentinenstrecke hinauf in die Berge lohnt sich trotzdem. Mit etwas Glück kann man dort kreisende Geier und Adler am Himmel entdecken.
Vor der Rückfahrt nach Soyons konnten wir es uns nicht nehmen lassen, „La Cité du Chocolat“ in Tain l`Hermitage zu besuchen, die Schokoladenausstellung der Marke Valrhona. Hier kann man nicht nur sehr edle und leckere Schokoladen kaufen, sondern auch viel über ihre Herstellung und Sorten erfahren. Von der Kakao-Frucht, den Bohnen, der Röstung und bis zur weiteren Verarbeitung kann man erleben, wie Schokolade hergestellt und veredelt wird. Ein absolutes Muss auf einer Motorradtour in Südfrankreich. Niemand verlässt „La Cité du Chocolat“ ohne mindestens eine Tüte voll von diesem Suchtstoff. Niemand!
Über die Autorin
Bettina van Senden wurde 1972 in Hamburg geboren und fährt seit 2011 alles auf zwei Rädern, was ihr in die Hände gerät. Seit 2016 gehört sie zu den federführenden Köpfen von penta-media. Ihre Liebe zur Fotografie, das Auge für Details und eine gewisse Abenteuerlust, zeichnen sie aus.
Zusammen mit ihrem Ehemann schreibt sie spannende, informative Reiseberichte und testet Motorräder und Zubehör rund um das Motorrad. Seit kurzem beteiligt sie sich aktiv an der Entwicklung von Motorradkleidung für Damen für die Marke Blackwild.
Die Motorradtour Südfrankreich wurde geführt von www.endurofuntours.com und unterstützt von www.ardeche-guide.com und www.lozere-tourisme.com.
Weitere Infos um eure Motorradreise zu planen findet ihr hier.
Hallo Bettina, Vielen lieben Dank für den tollen Bericht. Mein Mann und seine Freunde planen für Juni eine Tour nach Südfrankreich. Da ist Dein Artikel super hilfreich.
LG Julia
Ein sehr schöner, interessanter Bericht!