Auf dem Weg zum ADAC Fahrsicherheitstraining habe ich den Spruch meiner Oma im Ohr „Du kannst alt werden wie eine Kuh und lernst immer noch dazu!“ Es geht zum SHE is a RIDER Motorrad Fahrsi in Linthe.
12 Teilnehmer hatten sich für den Kurs angemeldet. Vier davon sind Frauen aus unserer SHE is a RIDER Community.
Weshalb müssen diese Trainings nur so früh beginnen? Wer mich kennt weiß, dass ich morgens immer erst Anlauf brauche, um in die Gänge zu kommen. Und jetzt soll ich bereits um 8 Uhr Kapriolen auf dem Bike vollführen? Na, dass kann ja was werden!
Zum Glück für mich startet der Tag beim ADAC Fahrsicherheitstraining zunächst mit der Begrüßung durch unseren Instruktor Peer. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde erklärt er uns den Ablauf des Tages und fragt nach, was wir uns wünschen. Dann bekommt jeder von uns eine Bauchtasche mit Funkgerät und Kopfhörer, damit Peer uns auch während der Fahrt Instruktionen geben kann.
Anschließend geht es zu unseren Motorrädern, die schön in Reih und Glied auf dem Parkplatz stehen. Da ist von der Enduro bis zur Chopper alles dabei, was Bikerherzen höher schlagen lässt. Heute sagt man wohl „gelebte Vielfalt“ dazu.
Rush Hour auf dem Trainingsgelände
Nach einem kurzen Check der Bikes – wie sich das vor jeder Fahrt gehört – geht es auf den Übungsplatz. Zum Glück fährt Peer voraus, denn das Gelände des Fahrsicherheitszentrums ist sehr weitläufig und außer uns sind noch eine weitere Gruppe Motorradfahrer und zwei Autofahrer-Gruppen unterwegs.
Peer fährt vor und auf „unserem“ Teil des Übungsplatzes drehen wir zunächst im Kreis mal mit einer Hand, mal mit beiden am Lenker und wer sich traut – auch mal im Damensitz unsere Runden. Jede macht nur das, was sie/er sich zutraut bzw. was das Bike hergibt. Der Kollege auf der Indian täte sich mit dem Damensitz doch etwas schwer. Ich bin inzwischen wach und bereit dazu, auch mal Faxen auf dem Bike zu machen. Das ist gar nicht so schwer und natürlich machen sich auch meine vorangegangenen Fahrsicherheits-Trainings bemerkbar. Ich habe einfach schon viel mehr Vertrauen in mich und mein Motorrad.
Kein Fahrsicherheitstraining ohne Bremsübungen!
Nachdem wir uns alle eingegroovt haben, ist erst mal wieder Theorie angesagt. Peer erklärt uns die Funktionsweise von Vorder- und Hinterradbremse und wann welche am besten zum Einsatz kommt.
Dann dürfen wir die Theorie in die Praxis umsetzen und am eigenen Leib erfahren, welchen Unterschied es macht, ob ich nur die Vorderradbremse ziehe, Hinterradbremse benutze oder mit beiden parallel bremse.
Was mir persönlich bereits bei den ersten Bremsübungen gefällt: Gegenseitige Rücksichtnahme von allen Teilnehmern ist angesagt. Jeder achtet darauf, dem anderen nicht in die Bahn zu fahren und in den Pausen zwischen den Übungen wird gefachsimpelt.
Apropos Pausen – nachdem wir einen warmen, sonnigen Tag für unser Training erwischt haben, bin ich froh, dass es in Linthe überall Stationen gibt, bei denen wir uns mit Wasser versorgen können.
Auch Peer weist uns immer wieder darauf hin, dass wir etwas trinken sollen. So ein Fahrsicherheitstraining ist schweißtreibend und ohne Wasser würde die Konzentration sonst sehr schnell nachlassen.
Bitte Lächeln!
Damit wir alle schön locker bleiben kommt immer wieder die Ansage über den Funk „Ihr dürft ruhig lächeln bei den Übungen.“ Lächeln hilft locker zu bleiben, Ersatzweise könnten wir singen oder einfach die Luft durch die Lippen pusten, sodass diese flattern. Dass ist ein weiterer Tipp, den wir von Peer bekommen, um locker und mit Spaß auf unseren Motorrädern zu sitzen. Gesagt, getan – schließlich sieht bzw. hört es keiner, wenn ich unter dem Helm Grimassen schneide oder ein Lied vor mich hinträllere.
Bremsen auf trockener Straße ist ja schön und gut, hat jede von uns schon mal gemacht und die Übungen, wie z. B. der Ausweichhaken sind uns aus der Fahrschule noch gut bekannt. Also lässt Peer es regnen, damit wir auch mal auf nasser Fläche testen können, wie gut denn da die Bremsen greifen und – vor allen Dingen – wie sich der Bremsweg verlängert. Jule und ich können es kaum erwarten. Nachdem wir vor kurzem erst das Enduro Training bei der Driving Area in Wesendorf absolviert haben ist so eine Pfütze durchfahren für uns kein Ding.
Auch das Bremsen funktioniert super und zeigt mir, dass meine Reifen auch auf nasser Fahrbahn genug Grip haben, um meine Tiger ohne Schlingern zum Stillstand zu bringen.
Bremsen mit Ausweichhaken links und rechts am Hindernis vorbei ist dagegen nicht so mein Ding. War es schon in der Fahrschule nicht. Vor allem rechts am Hindernis vorbei habe ich dort nie gelernt und das fühlt sich schon ungewohnt an.
Wie wichtig Blickführung ist bekomme ich von Peer immer wieder über den Kopfhörer angesagt.
Erst kommt Kreide auf den Reifen, dann kommen die Kurven
So langsam fängt mein Magen an zu knurren und als ich auf die Uhr sehe bin ich überrascht, dass wir bereits seit über drei Stunden unsere Runden drehen. Die Zeit ist so schnell verflogen. Als ob Peer es geahnt hätte bläst er zur Fahrt zurück zum Hauptgebäude. Dort wartet das Mittagessen auf uns. Die Stunde Pause können wir jetzt alle gut gebrauchen.
Nachdem wir alle ausgeruht und gestärkt sind, geht es zu meiner Lieblingsdisziplin des heutigen Tages, dem Kurvenfahren. Die Kartbahn auf dem ADAC-Gelände kenne ich schon vom Kurventraining und ich bin gespannt, was und ob ich wieder etwas dazu lerne.
Zunächst fährt Peer eine Runde vor und dann lässt er uns erst mal ein paar Runden drehen, damit wir uns an die Strecke gewöhnen. Meine Tiger und auch ich freuen uns, endlich Schräglage!
Sehr eindrucksvoll führt Peer vor, wie unterschiedlich die Schräglage ausfällt, je nachdem ob ich drücke, mich lege oder die Vorstufe eines „hanging off“ nutze, um in die Kurven zu gehen. Damit auch wir einen Eindruck davon bekommen, wie schräg wir durch den Parcour fahren, darf jede von uns ihre Reifen mit Kreide markieren.
Nach den nächsten Runden ist unisono ein „Oh, das hätte ich nicht gedacht“ zu hören. Von der Kreide ist kaum noch etwas zu sehen. Dass ich manchmal schräg bin ist hinlänglich bekannt, doch dass ich auch auf dem Bike so tief in die Schräglage gehe war mir bis dato nicht bewusst.
Lustig wird es, als die Indian hinter mir fährt und ich das Kratzen des Auspuffs auf dem Asphalt höre. Da bin ich doch froh, dass meine Tiger mehr Bodenfreiheit bietet. Und auch Hanging-Off funktioniert mit der Maschine nicht, was Peer uns eindrucksvoll als Trockenübung zeigt.
Mein Highlight auf der Kartbahn war neben der Schräglage auch, diese mal in die Gegenrichtung zu durchfahren. Im ersten Augenblick ungewohnt, doch dann hat es richtig Spaß gemacht.
Nachdem wir uns auf der Kartbahn ausgetobt haben, geht es auf eine andere Strecke, alles auf dem ADAC Trainingsgelände. Zunächst dürfen wir da ein paar Runden drehen, um das Kurvenfahren auf Landstraßen zu üben. Es wechseln sich schöne geschwungene Kurven mit engeren ab. Nachdem heute auch ein Fahrsicherheitstraining für Autos stattfindet müssen wir brav auf der rechten Fahrspur bleiben und haben dadurch reale Bedingungen.
Reptilien beim ADAC
Und dann kommt die Anaconda zum Einsatz. Peer hatte uns bereits vor der Mittagspause davor gewarnt. Worum geht es? In der Kreisbahn sollen wir ein Hindernis entweder rechts oder links umfahren und wer nicht ganz so „tierlieb“ ist, der darf die Anaconda auch überfahren. Gut, in Brandenburg gibt es jetzt eher selten Riesenschlangen. So muss ein dickes Kordelseil als Ersatz erhalten. Mein Glück, denn über ein Tier zu fahren, das bringe ich nicht übers Herz. Die Kordel dagegen stellt für mich kein Problem dar. Und nachdem ich zunächst brav einmal rechts und einmal links daran vorbeigefahren bin, muss ich einfach auch mal drüber fahren. „Hoppel-di-Poppel“ und – nichts passiert. Meine Tiger ist davon vollkommen unbeeindruckt und zieht weiter ihre Kreise. Auf Brandenburgs Straßen habe ich öfter mal einen Ast auf der Strecke liegen. Jetzt weiß ich, dass ich diese auch in einer Kurve einfach überfahren kann, ohne mir Sorgen machen zu müssen.
Viel Platz beim ADAC Fahrsicherheitstraining in Linthe
Damit wir uns nicht gegenseitig behindern und diejenigen, die die Kurven etwas schneller fahren wollen auch die Möglichkeit dazu haben, können wir nach Lust und Laune zwischen Kreisbahn und Rundkurs hin und her wechseln. Das klappt super! Niemand wird behindert, jede kann in ihrem Tempo fahren und wer mal eine Pause braucht, der bleibt kurz am Stationshäuschen stehen, versorgt sich wieder mit Wasser und macht dann weiter, wenn sie Lust dazu hat. Leider können wir den Rundkurs nicht auch mal in die Gegenrichtung fahren. Wir würden sonst den Autofahrern in die Quere kommen, die einen Teil der Strecke ebenfalls nutzen.
Zum Abschluss des Tages zeigt Peer uns, wie sich der Bremsweg bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten verlängert. Wer fährt nicht mal statt mit 40 oder gar 50 durch eine 30er Zone oder gar mit 60 oder 70 durch die Stadt? Als ich sehe, wie sehr sich der Bremsweg verlängert, wird mir doch etwas mulmig. Wenn da ein Kind zwischen parkenden Autos auf die Straße läuft – keine Chance rechtzeitig zum Stehen zu kommen.
Nach 6,5 Stunden netto Fahrsicherheitstraining geht es das letzte Mal zurück in den Seminarraum im Hauptgebäude. Nach einer Feedbackrunde und Überreichung der Teilnehmerurkunde macht sich jede von uns auf den Weg nach Hause.
Zwei Dinge nehme ich mit nach Hause:
- Egal wie lange du schon Motorrad fährst und wie viele Fahrsicherheitstrainings du schon besucht hast, du lernst immer wieder dazu bzw. festigst vorhandenes Können.
- Frau braucht keine Angst vor gemischten Gruppen zu haben. Auf dem Motorrad bist Du Biker und da zählt der Spaß und das Können, nicht das Geschlecht.
Mein Fazit zum ADAC Fahrsicherheitstraining in Linthe:
Es war ein rundum gelungener Tag beim ADAC in Linthe, anstrengend mit vielen Impulsen, einem tollen Instruktor und klasse Teilnehmern und jeder Menge Spaß.
Hier geht es zu unseren Erfahrungsberichten wie z.B. Führerschein-Intensivkurs oder dem Enduro-Training
Möchtest du auch mal (wieder) ein Motorrad-Training machen? Hier gehts zur Auswahl und Anmeldung.
Disclaimer: Mit freundlicher Unterstützung durch das ADAC Fahrsicherheitszentrum Berlin-Brandenburg GmbH
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